DeTeWe Super 964 W
- Wartung -
Steckbrief
Schaltungsprinzip ........ | Superheterodyne |
Hersteller......................... | Deutsche Telefonwerke und Kabelindustrie AG (DeTeWe), Berlin |
Modell/ Herstelljahr/App.Nr. .... | 694 W / 1939/1940 / Seriennummer: 11311 |
Anzahl Kreise ................ | 6 Kreis(e) AM |
Wellenbereiche ............ | 850 ... 2000 m (LW), 200 ... 590 m (MW), 16,5 ... 50,5 m (KW) |
Spannungsversorgung . | Wechselstrom 110 - 125 - 150 - 220-240 Volt |
Lautsprecher ................. | 1 elektro-dynamisches System |
Leistungsaufnahme .... | ca 48 Watt |
Gehäuseabmessungen (ca. BxHxT) . | 565 x 305 x 260 cm |
damaliger Preis ............ | 202,- RM |
Röhren .......................... | AZ11, ECH11, EBF 11, ECL11 |
ähnliche Type ............. | DeTeWe 964 GW (Allstromgerät), NORA W 69, NORA Linz W69, NORA Linz Exportversion S-W69, Gehäuse: Schaub Baden 40W |
1. Hersteller
Die DeTeWe begann bereits 1889 als Anbieter von Einzelkomponenten und kompletten Telefonanlagen. Seit den Anfängen als Funkausrüster für die kaiserliche Armee existierte aber auch eine Hochfrequenzentwicklung und schon 1923 kam ein erstes Rundfunkgerät auf den Markt. Mit ihren Ultradyn-Empfängern errang die Firma um 1925 einen führenden Rang in der aufkommenden Radioindustrie. Die Innovationskraft ließ jedoch nach, ab dem Ende der Zwanziger Jahre wurden nur wenige Modelle angeboten und keine Neuentwicklungen gebracht. Siemens und Bewag erwarben die Mehrheitsanteile an der Firma und Siemens gliederte sie in den Konzernverbund ein, ebenso erging es dem erfolgreichen Hersteller NORA, der nach Zwangsarisierung (Eigentümer Manfred Aron) unter dem Namen Heliowatt 1935 in den Siemenskonzernverbund einging, der bekannte Name NORA wurde beibehalten. Zu einem kurzen Aufschwung kam es bei DeteWe ab 1936. In den Folgejahren bis 1940 ist DeTeWe unter dem Siemens-Dach anscheinend mit NORA gemeinsame Wege in der Entwicklung gegangen, denn einige der späten Vorkriegsmodelle stimmen im Gehäuse weitgehend überein und verwenden einen einheitlichen Chassistyp. So ist z. B. die Type 964 W von 1939/40 mit dem NORA Chassis W69 aus dem gleichen Jahr ausgestattet.
DeTeWe konnte nicht zu einem Massenanbieter für Radiogeräte werden und so ist die Marke heute nur als Vorkriegsausrüster für Telefonsysteme bekannt. Entsprechend unbekannt und eher selten sind ihre damaligen Radiogeräte heute. Aus der DeTeWe ist die Firma Ostertag DeTeWe Communications GmbH hervorgegangen.
Zeitgenössische Abbildungen des Geräts sind selten. Im Zentralkatalog 39/40 des deutschen Rundfunkhandels, der letzten erschienenen Ausgabe, ist das Geräteprogramm der DeTeWe abgebildet.
Abb. 1 - Typenprogramm der DeTeWe von 39/40
In der Funkschau wurden die Neuerscheinungen kommentiert. Aus dem Heft 32 desselben Jahres stammt der folgende "Ausriß" mit einer Fotografie des Typs:
Abb. 2 - 964W Die neue Sachlichkeit in der Formgebung wird gepriesen. Aus heutiger Sicht wirken die Proportionen eher klobig (vgl. Abb. 10)
Der sonst baugleiche NORA W69 lag im Preis unter 200 RM und sprach mit seinem Bakelitgehäuse einen anderen Käuferkreis an:
Abb. 1 - Katalogabbildung des Typs NORA 69W
2. Erste Durchsicht und Befund
Das Gerät wurde in komplettem Zustand und ohne Funktion erworben, der Vorbesitzer hatte das Gerät zur Prüfung ohne Erfolg kurz ans Netz angeschlossen. Das Gehäuse hat noch die originale Politur mit den üblichen Kratzern und Gebrauchsspuren, das Nußbaumfurnier ist vollflächig verklebt und ohne Abplatzungen. Die Bespannung ist aus einem selteneren Originalstoff, der zwar etwas fleckig und unten durch Staubwischen berieben ist, aber nicht rissig.
Abb. 3 - unverblichenes Stück Originalstoff des DeTeWE 964W
Die originalen Bedienknöpfe und die Skalenscheibe sind gut erhalten. Auch die originale Rückwand ist vorhanden.
Abb. 4 - Rückansicht vor der Aufarbeitung
Im Inneren zeigt sich ein anderes Bild: Alles hat einen leichten Staubüberzug. Chassisplatte, Netztrafo, Drehkondensator, Bandfilterbecher, etc. zeigen weiße bzw. rotbraune Korrosionsbeläge, Sicherungshalter und Netzumschalter sind von Grünspan überzogen.
Ein auffälliges Provisorium aus alukaschierter Pappe ist innen am Deckel angepinnt und soll wohl eine Hilfsantenne darstellen. Die ursprünglichen, wohl brüchigen Verbindungen zwischen Netzteil, Chassis und Lautsprecher sind durch moderne Litzen in grellen Farben (Meßleitungen) ersetzt worden. Auch das alte Netzkabel ist bereits durch eine 3-adrige Textilschnur ausgetauscht worden. Am Schukostecker ist die Schutzerde angeschlossen und am Gerät mit dem Chassis des Netzteils verbunden. Dies wurde sofort zurückgebaut.
Der Skalenantrieb ist schwergängig und der Zeiger steht still, weil die Umlenkrollen blockiert sind und der Zeigerschlitten auf der angerosteten Führungsstange ausgebremst wird. Das provisorische Skalenseil aus Baumwollschnur ist ungeeignet. Der Skalenhintergrund - eine dicke verbräunte Pappe hängt notdürftig mit Fäden angebunden hinter der Scheibe, weil Halteklammern abgebrochen sind. Der Zeiger liegt nicht korrekt auf und schleift am Scheibenhintergrund.
Die Stahlröhren haben schon einiges mitgemacht und scheinen Originale aus der Zeit zu sein, definitv ist die Gleichrichterröhre ersetzt worden. Zwei Skalenlampen in Kunststofffassungen sind eingebaut worden, Original ist eine einzelne Birne auf Skalenmitte. Die Bandfilterschrauben sind noch versiegelt. Die Eisenkerne sind von beiden Seiten zugänglich und leicht eingewachst, die Trimmerscheiben sitzen fest.
Die Chassisunterseite bietet ebenfalls einen unerfreulichen Anblick. Schon bei der Konstruktion wurde wenig an den Service gedacht. Vorkreis und Oszillator sind dicht gepackt um die Wellenschalter gruppiert, Bauteile in alle Richtungen positioniert. Auch in Schichten traubenartig um die Röhrensockel gepackte Bauteile machen Reparaturarbeiten aufwendig. Ein Reparateur hat bereits Spuren hinterlassen und das altersschwache Gerät einer besonderen "Kur" unterzogen. In Primärfarben leuchtende Kondensatoren mit radialen Anschlüssen zeugen davon. Da die Ersatzteile zum Teil wesentlich kleinere Abmessungen haben, zeigen sich auffällige Lücken, die das Herausnehmen der Altteile hinterlassen hat. Auch der Alubecher wurde herausgenommen, stattdessen moderne Elkos mit nur 450 V Betriebsspannung mit Klebeband isoliert und fliegend befestigt.
Die ausgebauten Originalteile sind dem Gerät leider nicht beigepackt worden. Jeder Reparateur, der das Vorkriegsgerät wieder näher an das originale Erscheinungsbild heranführen will, muß sich auf die Suche nach Dokumenten zum Original aufmachen. Auf den wenigen verfügbaren Abbildungen kann man erkennen: der große 40 µF-Elko ist ebenso wie die größeren Papierkondensatoren eine Ausführung in Pappröhre mit Teerverguss, Hersteller: Hydra, Berlin. Die keramischen Röhrenkondensatoren sowie die Widerstände stammen von Hoges. Ein größerer Alubecher für 8+8 µF mit Schraubfassung und herausgeführten Anschlußlitzen war ursprünglich am Netzteilchassis angeschraubt.
Bei einem ersten Test am Netzstecker zeigt das Ohmmeter beim Einschalten auf unendlich. Nach Überbrücken der defekten Feinsicherung ändert sich daran nichts. Erst nach Überbrücken des Netzschalters geht das Ohmmeter auf 237 Ohm (Stellung 220V) - die Primärwicklung des Netztrafos ist durchgängig. Allerdings war am Sicherungshalter noch eine Lötstelle so mürbe, daß sich der korrodierte Anschlußdraht herausziehen ließ. Am Sockel der Gleichrichterröhre lassen sich die Sekundärwicklungen auf Durchgang testen, auch die Feldspule des Lautsprechers, die für die Siebung der Anodenspannung mitbenutzt wird, hat Durchgang und einen Wert von 1400 Ohm. Der Lautsprecher selbst meldet sich kurz beim Antippen mit einer niedrigen Gleichspannung.
3. Bedienhinweise
Das Gerät ist mit Drei-Knopf-Frontbedienung ausgerüstet.
- Front links: Kombinierter Drehregler für Lautstärke und Ein-/Ausschalter (Linksanschlag=aus)
- Front Mitte: Abstimm-Drehknopf, Ziehen/Drücken: Bandbreitenumschaltung (breit/schmal)
- Front rechts mit Doppelknopf: Knebel für Wellenschalter (Stellung auf der Wellenskala links)
- Rändelknopf für Tonblende im drei Stellungen (links: hell, Mitte: normal, rechts: dunkel).
Auf der Rückseite Antennen- und Erdungsbuchse, VDE-Steckbuchsen für 2. Lautsprecher (HV-Ausgang mit 7000 Ohm Impedanz) und Plattenspielereingang. Einstellung der Lichtantenne, Netzspannungseinstellung und Sicherungswechsel nach Abnahme der Rückwand.
Antenne
Das Gerät hat eine Lichtantenne, die heute aus Sicherheitsgründen jedoch immer inaktiv sein sollte und auch keinen Nutzen mehr hat. In der Zeit üblich waren noch Langdraht-Hochantennen, auf die der Antenneneingang optimiert ist. Weniger Störquellen werden von einer abstimmbaren Rahmenantenne empfangen (MW). Für das Gerät gab es einen aufsteckbaren Mittelwellen-Sperrkreis, für den Aussparungen in der Rückwand vorgeprägt sind.
4. Gehäuse
Holzgehäuse furniert in schlichtem deutschen Nußbaum, in der gängigen horizontalen Aufteilung mit Alu-Randleisten und großer Abstimmskala. Die gerundeten Vorderecken sind aus massiven Profilstücken. Die Gehäusekanten sind stumpf aufeinandergestoßen mit der üblichen geschwärzten Stoßkante. Die Politur kann oberflächlich von Alkohol angelöst, aber nicht aufgelöst werden (vermutlich nachpolierter Lack). Vor dem Auffrischen mit hellem Schellack sollte der oberflächige Schmutz mit reinem Alkohol abgerieben werden, bis der Holzton wieder frisch zum Vorschein kommt. Gesprungenen (grau gewordenen) und rissigen Lack abziehen und Stellen vorgrundieren.
5. Überarbeitung des Chassis
Das Hauptchassis, das Netzteil-Chassis und der Lautsprecher mit Feldspule und Ausgangstrafo sind drei miteinander durch Drahtbrücken verbundene Baugruppen, die Anordnung ähnelt manchen Mende-Gerätetypen derselben Preisklasse. Zur Reinigung und Aufarbeitung von Gehäuse und Chassis lassen sich diese leichter ausbauen, indem man diese Verbindungen auftrennt. Die Verbindungen entsprechen dem in der Abbildung gezeigten NORA-Chassis W69.
Bei Ein-/Ausbau, Messungen und Bauteileaustausch beachten: Zwischen dem Hauptchassis und dem Netzteil-Chassis besteht ein Spannungsunterschied von 6,2 V. Beide Teile dürfen nur über den Kontaktpunkt (6) verbunden werden! Vgl. Originalschaltbild (Abb. 6) mit den dort gezeichneten Massepunkten.
Abb. 5 - Verdrahtungsplan für 964W (nach NORA Reparaturdienst zum Chassis W69).
Für Arbeiten an der Chassisunterseite muß das Gerät leider auseinandergenommen werden, die Chassisunterseite ist - Bandfilterkerne ausgenommen - nicht zugänglich.
Netzteil
Als erstes und vor weiteren Investionen in das Gerät sollte der Netztrafo - alle Primär- und Sekundärwicklungen - geprüft werden. Auf schlechte Lötstellen und gebrochene Isolierungen sowie abgerissene Wicklungsdrähtchen kontrollieren. Da hohe Spannungen auftreten, sollte für ausreichend Abstand zwischen den Sockelpins und Lötösen gesorgt werden. Die Entstörkondensatoren sollten auf jeden Fall entfernt oder gewechselt und auch der Becherelko sollte erneuert werden. Im Gerät war kein Becherelko und keine Entstörkondensatoren mehr vorhanden. Im Original ist ein 8+8 µF Alu-Becherelko am Podest rechts vorgesehen. Ob auf 220V oder 240V einzustellen ist, wird bei der Messung der Spannungen bei Inbetriebnahme entschieden.
Feinsicherung
Die Leistungsaufnahme des Geräts beträgt knapp 50 Watt und ist bei 220-240V mit einer Feinsicherung von 0,5 A (5x20 mm) abzusichern.
Skalenantrieb
Die Achse der kleinen Umlenkrolle kann aus dem Blech mit leichten Schlägen herausgetrieben werden. Das Rädchen hat ein Metalllager, auf dem die Achse festgerostet ist. WD40 einen Tag einwirken lassen, dann läßt sich die Achse leicht herauslösen. Die große Umlenkrolle war durch das verbogene Alu-Abschirmblech der Oszillatoreinheit blockiert. Nachdem das Blech gerichtet wieder eingebaut wurde, läuft sie frei. Vermutlich war der Skalenantrieb ursprünglich in Stahldraht ca. 0,4 mm ausgeführt worden. Dieser versprödet und reißt oft. Sehr gut eignet sich ersatzweise auch Skalenseil in der Stärke von 1-1,5 mm, das in der Länge sehr stabil ist. Die verrostete Spiralfeder für die Seilspannung taugte nichts mehr und wurde durch eine gleichwertige ersetzt. Der Zeigerschlitten hat eine Seilklemme, wodurch er leicht verschoben werden kann. Die Seilspannung hält den Zeiger in einer definierten Stellung, so daß er nicht an der Skala kratzt. Die Seilführung ist der Abbildung zu entnehmen. Den Zeiger bei aufgelegter Skalenscheibe auf die Endpunkte des Drehkondensators und der Skala abstimmen und das Seil fixieren. Die Skala hat keine Endmarkierungen.
Abb. 6 - Seillaufplan für 964 W
Es empfiehlt sich, beim Auflegen des Seils das Abschirmblech am Oszillator abzunehmen, damit beim Durchfädeln keine Spulenenden beschädigt werden.
Skalenhintergrund
Das Skalenglas ist durchgehend matt-transparent und benötigt als Hintergrund eine gleichmäßig angestrahlte Fläche. Um den Skalenhintergrund funktiongerecht wieder anzubringen, mußten die fehlenden 4 oberen Haltefedern am Rahmen nachgefertigt werden. Außerdem war die Pappe aus schlechtem, säurehaltigem Papier brüchig und an den Fixierungspunkten schon völlig abgeblättert, so daß eine Nachbildung unumgänglich war. Die neue Kulisse wurde aus 1mm Pappe und 0,5 mm ABS-Folie hergestellt, die alte Pappe hinten aufgeklebt. Die korrekte Lage dieser Kulisse im Rahmen ergibt sich aus der Position des Zeigerschlittens unten und dem Lichtkegel der Lampe oben. Sie soll möglichst gleichmäßig ausgeleuchtet sein und die Bewegung von Schlitten und Zeiger nicht behindern.
Chassisunterseite
Das Chassis kann nach Lösen von 4 Schrauben am Skalenrahmen und zwei Schrauben an den hinteren Stützen entnommen werden.
Abb. 7 - Chassisunterseite mit den Spuren einer letztendlich mißlungenen "Kondensatorkur".
Die als Ersatzteile eingebauten radialen Kondensatoren wurden durch neue axiale Folienkondensatoren ersetzt. Die großen Werte und die Elkos stecken nun in braunen Pappröhren aus der Zeit und sind mit Teerpropfen verschlossen.
Bei bereits überarbeiteten Chassis ist Mißtrauen angebracht. Neben dem korrekten Austausch von Teilen steht auch in Frage, ob die Originalverdrahtung verändert wurde oder Schaltfehler unterlaufen sind. Bei diesem Chassis war u.a. vergessen worden, den verdeckten und schwer zugänglichen Draht zum Sockelpin aT von ECL11 nach Tausch von C30 wieder anzulöten. Dadurch mußte der NF-Verstärker stumm bleiben.
6. Schaltung
Das abgestimmte Antennensignal gelangt über den nach Wellen schaltbaren Vorkreis direkt an das Heptoden-Gitter Hg1 der ECH11. Der Triodenteil dieser Kombiröhre erzeugt mit dem abstimmbaren Anodenschwingkreis die Zwischenfrequenz. Die Gitter Tg1 und Hg3 sind intern verbunden, so daß die Zwischenfrequenz multiplikativ mit dem Antennensignal moduliert wird. Dieses modulierte Signal durchläuft die beiden Bandfilter vor und nach der Zwischenverstärker-Pentode der EBF11. Die Bandbreite ist schaltbar. Die EBF11 enthält außerdem zwei Diodenstrecken. Die eine Diode wirkt als Gleichrichter auf die Hüllkurve und erzeugt mit den nachfolgenden RC-Gliedern um den Lautsprecherpoti das niederfrequente Nutzsignal, das dem Audio-Verstärker zugeführt wird. Die zweite Diodenstrecke erzeugt eine Regelspannung, die auf die Mischröhre einwirkt und die Verstärkung bei schwachem bzw. starkem Eingangssignal und Schwund regelt. Der einfache zweistufige Niederfrequenzverstärker ist in einer einzigen Verbundröhre ECL11 untergebracht.
Schaltplan
Das Schaltungsdesign des 964W ist identisch mit dem Nora W69 und ähnelt auch anderen gängigen Modellen, in denen dieser E-Röhrensatz der harmonischen Serie eingesetzt wird. Da Originalschaltbilder von DeTeWe nicht verfügbar sind, müssen die des Herstellers NORA herangezogen werden.
Abb. 8 - Schaltplan des 964 W mit Bauteilnumerierung, Spannungen und Wellenschaltmatrix (nach LANGE, H., NOWISCH, H.K., 1950: Empfänger-Schaltungen der Radioindustrie Band II. mit eig. Ergänzungen)
Stückliste passive Bauteile
Nummerierung entspr. Schaltplan, Abb. 6. Soweit aus Abbildungen der Chassisunterseite bestimmbar, sind die Bauteileigenschaften näher eingegrenzt
Kondensatoren | Widerstände/sonstiges |
C1 60 pF/keram. Kondensator Hoges | eingebaut waren 550 pF, ersetzt 56 pF keram. /500 V- | R1 1 MOhm, 0,5 W Hoges |
C2 keram. Trimmer | R2 100 Ohm, 0,5 W Hoges |
C3 keram. Trimmer | R3 150 Ohm, 0,5 W Hoges |
C4 keram. Trimmer | R4 50 kOhm, 0,5 W Hoges |
C5 100 nF Folienkondensator | ersetzt 0.1 µF/1.5 kV- | R5 6 kOhm, 0,5W Hoges |
C6 25 pF Scheibenkond., +/- 10% keram. | R6 25 kOhm, 3 W Hoges |
C7 500 pF/ Luft-Drehkondensator | R7 30 kOhm, 1 W Hoges |
C8 605 pF/MICA 2% von NSF | R8 1 MOhm, 0,5 W Hoges |
C9 100 pF/ | R9 1 MOhm, 0,5 W Hoges |
C10 190 pF MICA 2% von NSF/ | R10 500 kOhm, 0,5 W Hoges |
C11 keram. Trimmer/ | R11 100 kOhm, 0,5 W Hoges |
C12 keram. Trimmer | R12 1 MOhm log. | aufgearbeitet |
C13 keram. Trimmer | R13 200 kOhm, 0,5 W Hoges |
C14 80 pF keram. | R14 1 kOhm, 0,5 W Hoges |
C15 500 pF/ Luft-Drehkondensator | R15 500 kOhm, 0,5 W Hoges |
C16 1 nF | ersetzt 1 nF/1.5 kV- | R16 200 kOhm, 0,5 W Hoges |
C17 190 pF MICA 2% von NSF | R17 150 kOhm, 0,5 W Hoges |
C18 100 nF | ersetzt | R18 20 kOhm, 0,5 W Hoges |
C19 190 pF MICA 2% von NSF | R19 110 Ohm, 5 W, m. Anz. 37 Ohm |
C20 190 pF MICA 2% von NSF | R20 1 MOhm, 0,50 W Hoges |
C21 20 nF | ersetzt 22 nF/1.5 kV- | R21 3 MOhm, 0,5 W Hoges |
C22 50 pF keram. | ersetzt 56 pF keram. /500 V- | |
C23 100 pF keram. | ersetzt | Lautsprecher |
C24 210 pF MICA 2% von NSF/ | BF I Bandfilter "2061 L112/3" |
C25 10 nF | ersetzt 10 nF /1.5 kV- | BF II Bandfilter "5/12/3" |
C26 10 µF Hydra | ersetzt 10 µF/ 450 V- | TR 1 Netztransformator | >
C27 100 nF | ersetzt /1.5 kV- | TR 2 Ausgangstransformator |
C28 20 nF | ersetzt 22 nF/1.5 kV- | SI 1 Feinsicherung 0,6 A |
C29 500 nF | ersetzt 0.47 µF/1.5 kV- | |
C30 10 nF Hydra| ersetzt 10 nF/1.5 kV- | |
C31 500 pF Folie | ersetzt 500 pF/1.5 kV- | |
C32 40 µF Elektrolytkondensator Hydra| ersetzt 47 µF/ 450 V- | |
C33 8 µF | ersetzt 8+8 µF/550V- | |
C34 8 µF | ersetzt 8+8 µF/550V- | |
C35* 200 pF | |
C36 5 nF | ersetzt 5 nF/1.5 kV- | |
C37 5 nF | ersetzt 5 nF/1.5 kV- | |
[C38] 38 pF keram. |
fettgedruckt: Austauschkandidaten, * ersatzlos entfernt [] bei Inbetriebnahme hinzugefügt
Spulensatz und Filter
Bandfilter
Die Kappen der beiden Bandfilter auf der Chassisoberseite sind mit je zwei Sechskantschrauben befestigt. Eingebaut sind Glimmerkondensatoren von NSF, so daß erst bei Inbetriebnahme/Abgleich das Funktionieren der Bandfilter untersucht wird.
Bandbreiteschalter
Durch Drücken/Ziehen des Abstimmknopfs kann die Bandbreite geschaltet werden, indem am Eingang des ZF-Verstärkers auf eine Verlängerungsspule im Bandfilter I umgeschaltet wird. Durch Alterung der Umschaltmechanik war eine Bandbreitenänderung aber nicht möglich. Die Schaltfeder berührte nur knapp einen Kontakt, konnte aber den anderen Kontakt nicht erreichen. Für eine korrekte Funktion des ZF-Verstärkers darf die Schaltzunge aber nicht offen sein oder unsauber kontaktieren. Die simple Seilzugmechanik war auf ein so hohes Gerätealter nicht ausgelegt. Durch Drehen an der Justierschraube konnte die Längenänderung des Seilzugs aber leicht ausgeglichen werden. Der ZF-Verstärker funktionierte dennoch weiter nur auf einer Stellung.
Vor- und Oszillatorkreis
Die Abschirmbleche lassen sich nach Lösen der kleinen Schrauben leicht abheben. Im Vorkreis befinden sich für jeden Wellenbereich jeweils Trimmkondensatoren und Spulenkerne, die Anordnung ist in Abb. 6 wiedergegeben.
Widerstände
Lautstärkepotentiometer mit kombiniertem Netzschalter (1-pol., 250 V, 2A). Regelmäßig sind die Kombipotentiometer nach langen Standzeiten nicht mehr funktionsfähig. Typische Fehler sind:
- Mittelabgriff liefert keinen Wert (Problem Verschleiß Schleiferkontakt)
- Schiebeschalter schaltet nicht ein bzw. aus (Tonblende funktioniert nicht, Kontakte verstellt bzw. korrodiert)
- Gerät läßt sich nicht einschalten (Schalterkontakt korrodiert, hoher Übergangswiderstand bis zu mehreren kOhm).
Diese Fehler lassen sich beheben, siehe Anleitung.
Bei diesem Potentiometer war auch die Widerstandskurve nicht in Ordnung.
An drei Laschen ist das Gehäuse zu öffnen. Das Schaltteil muss separat geöffnet werden, indem zwei Nieten ausgebohrt werden. Die Schaltkontakte sind dann immer noch nicht zugänglich. Beim Testen stellte sich heraus, dass die Endstellung beim Einschalten keinen Kontakt mehr hatte. Durch einen eingebohrten Stift von ca. 0,5 mm ließ sich die Endstellung geringfügig vorverlegen, so daß jetzt wieder der Kontakt sauber schließt. Das Reinigen der Widerstandsbahn mit Tunerspray führte ebenfalls zu einer akzeptablen logarithmischen Widerstandskurve.
Das Potentiometer ist auch bei diesem Gerät empfindlich gegen Brummeinstreuungen. Unbedingt alle Teile (Blechgehäuse und Welle) mit guter eigener Masseverbindung versehen.
7. Inbetriebnahme
Mit Regeltrafo beginnen, das komplette Radio in Betrieb zu nehmen. Der logarithmische Lautstärkeregler arbeitet nach Reinigung und Justierung korrekt und ohne Krachgeräusche, der Ein-Ausschalter funktioniert nach dem Eingriff wieder zuverlässig. Eine einwandfreie Kontaktgabe beim Sicherungshalter ist wichtig und ggf. durch Abtragen der Korrosionsschicht herzustellen. Zur Prüfung der Stromaufnahme ein Ampèremeter anstelle der Sicherung einschleifen.
Nach ca 30 s kommt gedämpftes Brummen aus dem Lautsprecher, mit Erdung des Geräts nur direkt vor dem Lautsprecher wahrnehmbar. Der Tonabnehmer-Eingang reagiert mit lautem Brumm auf Schraubenzieher.
Mit 2 m Drahtantenne wird RTL France auf Langwelle 234 kHz gut empfangen (Sender Beidweiler, etwas abseits der alten Frequenz 232 kHz von 1939). Der Zeiger trifft die historische Skalenmarkierung für Luxemburg sogar heute noch! Mit dieser Notantenne sind auf MW am Abend mehrere Auslandssender empfangbar. Die Kurzwelle kommt langsam in Gang, nachdem die Wellenschalterkontakte sauberer werden, empfängt aber nur schwach.
Die Tonblende reagiert in zwei von drei Stellungen.
Die Bandbreitenumschaltung ist in der gezogenen Stellung unwirksam, in der Normalstellung (gedrückt) in Ordnung.
Beim Messen der Spannungen fiel auf, das die Empfindlichkeit sich sprunghaft verbessert, wenn man EBF11 g1 mit der Meßspitze berührt oder mit ca 50 pF an Masse legt. Das Bandfilter I muß also verstimmt sein. Die Kondensatoren des BF I waren im Toleranzbereich. Ein Abgleich des ZF-Verstärkers erscheint nach diesem Befund ratsam.
8. Abgleich
Für dieses Gerät kann die Abgleichvorschrift von NORA für W69 herangezogen werden. Die Schritte für den Abgleich von Vorkreis, Oszillator und ZF-Filter sind ebenso wie die Lage der Abgleichelemente in Abb. 6 beschrieben.
Abb. 9 Abgleichschritte und Lage der Abgleichelemente
Die einfache Anleitung für den Standardabgleich aus Abb. 6 ist in der beschriebenen Reihenfolge auszuführen.
Die Kerne von Vorkreis und Oszillator sind ebenso wie die Bandfilterkerne nur schwach eingewachst. Mit einigen Tropfen Terpentin lassen sie sich wieder leicht beweglich machen. Kein Mittel scheint es gegen die Verklebung des Kerns der ZF-Sperre zu geben. Lösemittel und Wärme greifen den empfindlichen Spulenkörper an, der Kern löst sich nicht.
Die oberen Scheiben der keram. Trimmer lassen sich leider allesamt nicht drehen. Kräftiges Drehen muß unbedingt vermieden werden, dies würde die Keramikscheiben zersprengen und die Lage verschlimmern. Die festsitzenden Trimmer können leider nur getauscht werden, wenn die Wellenbaugruppe aus der Verdrahtung gelöst und ausgebaut wird! Soweit möglich, wird deshalb ein Abgleich von Vorkreisen und Oszillator vermieden.
Abgleichmittel
Verwendet wird ein Grundig Messender AS-2 für die ZF-Frequenz. Das Gerät liefert nach einer Einlaufzeit von 20 min. die AM-ZF mit ausreichender Stabilität (Frequenzdrift unter 10 Hz) und kann auch mit 1 kHz AM-moduliert werden, um den Träger hörbar zu machen. Ein Grundig-Röhrenvoltmeter RV-3 im Wechselspannungsbereich für den Ausgangspegel, ein Frequenzmesser 10 MHz Eigenbau für die Messung der Oszillatorfrequenzen (Meßfehler im Bereich 1 MHz weit unter 1 Prozent), ggf. ein HAMEG 412 Oszilloskop zur Überwachung der Signalform.
Abgleichbesteck
Statt einem teuren historischen Abgleichbebesteck kann ein Werkzeug selbst angefertigt werden aus einem Stück Hartholzrundstab 8 mm (Buche oder Bambus), an dem die "Klinge" von 6 mm Breite exakt passend auszuarbeiten ist. Metallische Schraubendreher sind ungeeignet.
Kurzwellen-Oszillator
Die originale ECH11 arbeitet auf LW und MW, aber im Kurzwellenbereich nicht mehr zufriedenstellend. Zum höherfrequenten Bandende nimmt die Amplitude stark ab, bis der Oszillator ganz aussetzt. Die Empfindlichkeit ist sehr gering. Abhilfe schafft hier kein Abgleich, sondern der Tausch der müden ECH11 gegen eine frischere Röhre. Den oberen KW-Frequenzbereich streicht der Oszillator nun komplett ab. Mit einer niedrig hängenden Außen-Drahtantenne von 10 m Länge kommen nun Sender gehäuft im 49 m und im 20 m-Band in guter Trennschärfe. Auch schwache Sender kommen durch. Ein zusätzlicher Oszillatorabgleich erscheint aus diesem Grund nicht vordringlich.
ZF-Frequenz ermitteln
Da im Gerät nicht angegeben ist, auf welche ZF-Frequenz abgestimmt worden ist, muss diese zunächst ermittelt werden. Im Schaltplan wird als ZF angegeben 468 bzw. 473 kHz. Die Filter hatten bei einer Meßsenderfrequenz von 478 kHz Resonanz.
ZF-Verstärkung
Die Verstärkung der alten EBF11 ist ausreichend. Bei diesem Gerät liegt eine Bandbreitenumschaltung am Bandfilter I vor, auf Stellung "schmal" schalten. Die Bandfilter wurden mit Meßsenderfrequenz 473 kHz auf Maximum beginnend mit Kern 4 nach Kern 1 eingestellt. Da die Frequenz zu hoch lag, mußten die Kerne etwas eingedreht werden, auch entsprechend dem Ergebnis der Kapazitätsmessung an den Kreiskondensatoren. Nach dieser Anpassung arbeitete der schmal/breit-Umschalter auch wieder. Der zusätzlich eingebrachte Kondensator C39 wurde belassen, da er entscheidend zur Entdämpfung des Kreises am Steuergitter EBF11 beiträgt. Vermutlich kompensiert er die altersbedingten Güteverluste.
Wertvolle Hinweise zu auftretenden Abgleichproblemen bietet die Seite Wumpus Welt der alten Radios
Abb. 10 Chassisunterseite nach der Revision. Die modernen Komponenten wurden in Hüllen aus der Zeit versteckt und die Verdrahtung wieder an das Original angepaßt.
Abb. 10 Frontansicht des aufgearbeiten Gehäuses
Abb. 11 Rückseite des Gehäuses vermittelt nach Rückbau moderner Teile wieder den Eindruck des Originals.
Abb. 12 Rückwand
Quellen:
SCHWANDT, Erich: Die neuen deutschen Rundfunk-Empfänger In: Funkschau H. 32 München, August 1939LÖSCHE, Karl Heinz / LEUTHOLD, Dieter: De Te We Chronik Deutsche Telephonwerke und Kabelindustrie AG - Berlin Muschke Verlag 1970.
BÖRNER, Herbert: Systematik der Typ-Kennzeichnung DeTeWe 1923 - 1939, In: FUNKGESCHICHTE Jg. 10 (1987) Nr. 54, S. 138 - 141; auch unter
DEUTSCHER RUNDFUNKGROSSHANDEL (Hrsg.): Die neuen Rundfunk-Empfänger 1939/40 In: Handbuch des Deutschen Rundfunkhandels, Ausgabe August 1939, (4. Jahrgang), S. 46, Wilhelm-Limpert-Verlag, Berlin
NORA-RADIO REPARATUR-DIENST Superhetempfänger 1939 B69 W69 GW69 Ersatzteil-Stücklisten Nr. 60-62, Nora-Radio GmbH Berlin-Charlottenburg 4, 1940
LANGE, Heinz / NOWISCH, Heinz K. Empfänger-Schaltungen der Radio-Industrie. Band II, Deutscher Funkverlag 2. Aufl. Berlin 1950
HOGES Hochohm Widerstände
HOGES Calit Keramische Kondensatoren
PABST, Bernhard: Fehlersuche in Rundfunkgeräten, 4. Aufl. Veb Verlag Technik, Berlin 1960 LIMANN, Otto: Funktechnik ohne Ballast, 1. Aufl., Franzis-Verlag München 1948>
MAAS, Corrien: Handwoven Fabric
Dampfradioforum Nora 69 W (2010)