ELION Modell 35
- Restaurierung -
Schaltungsprinzip ........ | Hochohm-Lautsprecher mit 4-pol.-Magnetsystem |
Hersteller......................... | ELION (Ernst Breitenborn, Lautsprecher- und Elektrodosenherstellung Leipzig) |
Herstelljahr ................. | 1929-1932 |
Ausstattung ................... | Holzgehäuse mit Seidenbespannung, Papier-Kegelmembran, einstellbares 4-Pol-System Elion 3 |
Abmessungen (BxHxT) . | 410 x 400 x 170 mm, Schallloch Durchmesser 320 mm |
damaliger Preis ............ | 48 RM |
ähnliche Typen ............. | ELION 40 |
Lautsprecher-Entwicklung Stand Anfang der Dreissiger Jahre
Im Kooperationsprojekt "Lichtton" mit der Loewe AG Berlin entwickelte der amerikanische Techniker Lee De Forest einen Konus-Lautsprecher mit entlasteter Membram und ließ ihn 1921 patentieren (D.R.P. Nr 409559). Bis dahin beruhte die Schallwandlung auf dem von Siemens entwickelten magnetischen Telefonhörer mit angeschlossenem Trichter mit den bekannten leistungsabhängigen Verzerrungen des Frequenzgangs. 1928 konnte zwischen der Lautsprecher-Patent-Union (Standard-Hopkins, de Forest-Loewe-Huth, Dr. Seibt) und dem VDFI ein Patentbenutzungsvertrag abgeschlossen werden. Das dreieckige Symbol am Gerät belegte, daß vom Hersteller die Lizenzgebühr abgeführt worden war. Um 1930 wurden Konuslautsprecher mit elektromagnetischen Vierpolsystemen als Antrieb für den Konus entwickelt. Sie fanden neben den Freischwinger-Systemen bis in die Dreißiger Jahre weite Verbreitung im Massenmarkt für preisgünstige Geräte niedriger bis mittlerer Sprechleistung. Ab 1925 kam es zur beschleunigten Verbreitung des elektrodynamischen Antriebs für Konusmembranen, nachdem Rice/Kellogg eine industriell verwertbare Lösung für das Prinzip des Schwingspulenantriebs entwickeln konnten. Diese in Audioqualität und Leistung überzeugende Lösung setzte sich durch und ist bis in die Gegenwart gültig.
Fundzustand
matt schwarz lackiertes Lautsprechergehäuse in beträchtlichen Abmessungen, augenscheinlich keine Originallackierung und keine Originalbespannung. Die Rückwand und somit die Herstellerangabe sowie die Fußleisten fehlen. Moderne Kunststofffüße wurden ersatzweise mit Heißkleber angebracht. Im Inneren wurde der große Konus vorn am Gehäuse in einem Wattebalg gelagert. Auf der Innenseite sind 4 Bohrungen an den Ecken der Frontwand zugespachtelt. Vor den Bohrungen sind Vertiefungen im Sperrholz der Frontwand ausgehoben worden. Das Magnetsystem sowie der Originalknopf sind vorhanden, die Anschlußschnur durch ein braunes Textilkabel ersetzt. Stempelungen, die auf den Hersteller schließen lassen sind nicht vorhanden.
Abb. 1 Fundzustand
Typbestimmung
An der Unterseite wurden die Farbschichten freigelegt: unter einer dünnen Schicht schwarzem Sprühmattlack folgt ein dickerer Auftrag von weißer Kunststoffspachtelmasse, darunter befindet sich das rohe, honigfarbene Buchenfurnier des Sperrholz-Rohbaues.
Abb. 2 Farbprobe Unterseite
Nachdem festgestellt wurde, dass eine Nachlackierung stattgefunden hat, wurde auch der Farbschichtenaufbau der Frontseite untersucht.
Abb. 3 Farbprobe Front oben links
Links oben ein zugespachteltes Bohrloch. Um das Bohrloch wurde auf das Holz durchgeschliffen. Diese Bohrlöcher sind in den Abbildungen des Gehäuses nicht sichtbar. Darüber liegt eine dünne, strukturierte Lackschicht, die ein querlaufendes Nuß-oder Eichenfurnier imitiert. (diese Imitationsmalerei erkennt man daran, daß die gemalten Faserverläufe sich nicht im strukturlosen Rohholz fortsetzen).
Abb. 4 Farbprobe Front unten links
Im unteren Viertel zeigt eine weitere Probe einen scharfen Farbwechsel von mittelbraun gebeiztem Nußbaum zu einem dunkleren Farbton (Ebenholz oder Makassar). Diese Farbkante ist keine Furnierfuge, auch hier ist das senkrecht stehende Makassarfurnier reine Imitationsmalerei, denn um das untere Bohrloch zeigt sich wieder das honiggelbe Rohholz.
Mit diesen Anhaltspunkten, der Gehäuseform und den Abmessungen konnte in den verfügbaren historischen Katalogen das unbekannte Gehäuse bestimmt werden als:
ELION Modell 35.
Ernst Breitenbach produzierte "Lautsprecher und Elektrodosen" seit Anfang der Dreißiger Jahre in Leipzig. Die Lautsprecherserien waren im Markt bekannt unter den Marken "Lion" und "Elion", einem Leipziger Vornamen. Als Hersteller war Elion Mitglied der LPU (Lautsprecher Patent Union, 1928 gegründet als Patentabkommen auf Stücklizenzbasis mit de Forest, Loewe, Huth, Seibt und VDFI), Breitenbach hatte darüber hinaus eigene D.R.G.M.-Gebrauchsmuster. Von der Firma sind ab 1929 bis in die Mitte der Dreißiger Jahre Lautsprechertypen in verschiedenen gängigen Techniken, vom einfachen Magnetsystem bis zum elektrodynamischen Lautsprecher für die Saalbeschallung in den einschlägigen Katalogen aufgeführt. Vermutlich hat die Firma den Konzentrationsprozeß in der Elektroindustrie um 1936 nicht überlebt, denn danach verliert sich jede Spur.
Modellvarianten
Das Modell 35 war von 1929 bis 1932 in 2 Ausführungen im Handel.
Abb. 5 ELION 35 Ausführung A
Abb. 6 ELION 35 Ausführung B (Beide Abb. Aus Katalog Paul Melzer, Dresden, 1931)
Die Unterschiede der Ausführungen A und B liegen im Stoffdekor: florales Seidenstoffdekor beim Modell A, das B-Modell hat ein Art Deco-Muster. Die Gittereinlage zeigt noch Anklänge an den Chinoiseriestil der ausgehenden Zwanziger Jahre.
Abb. 7 ELION 35 Ausführung A (Schnorr-Katalog 1932)
Die Beschreibung im Schnorr-Katalog von 1932 unter der Best.-Nr. 504 enthält weitere aussagekräftige Details. Unter der "Makassar-Einlage" ist der dunkle untere Abschnitt mit dem Gittermuster der Gehäusefront gemeint. Diesen Farbumschlag macht die Gehäuseseite nicht mit.
Lautsprecher-Chassis
Das Modell 35 hat ein Doppelmagnetsystem (4-polig, einstellbar), das ebenfalls im Schnorr-Katalog aufgeführt ist:
Abb. 8 ELION System 3 aus Katalog (1932)
Auf den Magneten ist der Nordpol mit „N“ gekennzeichnet. Ein Stempel D.R.G.M. auf der Traverse weist auf ein Gebrauchsmuster hin (1929 unter Nr. 1082198). Das System ist noch sehr gut erhalten. Daten der Schwingspule: Serieninduktivität 659 mH, Q = 1,4 bei 1000 Hz, Widerstand 970 Ohm.
Abb. 9 ELION System 3 Oberseite
Abb. 10 ELION System 3 Unterseite mit Einstellung
Der Originalknopf 30x20 mm mit 5 mm Achsbohrung aus dunkelbraunem Bakelit wird von einer durch die Welle gehenden Linsenkopfschraube gehalten. Hersteller des Knopfes dürfte die Rheinische Spritzguß Werk GmbH Troisdorf, ab 1930 unter dem Namen Dynamit Nobel Kunststoff GmbH gewesen sein (Prägungen auf der Rückseite: RWS 131/86, Herstellermarke mit 43 S).
Konus-Membran
Die kegelförmige Papiermembran mit 36 cm Durchmesser (Höhe des Kegels ca 9 cm) am Sickenrand wird zwischen zwei filzgefütterten Konustellern aus Messing gelegt und vorn an der Konusnadel festgeschraubt. Der Konus ist geklebt und am Rand mit einer flach auslaufenden Sicke versehen.
Abb. 11 ELION Konus-Papiermembran 36 cm mit Feuchteschäden
Die Membran ist ohne Prägung oder Stempelung, aber ein Originalstück.
Für die Aufhängung der Membran im Gehäuse gab es zwei Lösungen. In dem einen Fall wurde die Sicke gegen einen Wattering am Lautsprecherausschnitt gedrückt (vgl. Elion Modell 40 mit 28 cm-Membran). Im anderen Fall, der bei diesem Modell vorliegt, sind 4 Schrauben innen an der Frontplatte eingelassen für Klammern, die den Konus halten.
4. Restaurierung
Befund nach Entfernung der Farbe
Nach kompletter Entfernung der Lack- und Spachtelschichten zeigte sich überraschenderweise die rohe Oberseite eines 4-mm-Buchensperrholzes, vorne quer und an den Seiten durchgehend längs furniert. also ideal für einen Rohbau mit Rundungen und für die Klebung von stehendem Front- und querlaufendem Seitenfurnier aus Nußbaum, wie abgebildet. Der Wechsel der Holzarten auf der Front ist am Rohbau als Farbunterschied noch erkennbar. Ebenso sind auf der Unterseite die Abdrücke der Fußleiste und deren Schraublöcher noch zu sehen.
Die Gehäusefront hat 4 Bohrungen an den Ecken, die aber in Abbildungen nicht sichtbar sind. Sie dienten der Aufnahme von Schrauben für die Befestigung der Lautsprechermembran und wurden überfurniert. Der vorgefundene Zustand spricht dafür, dass eine schadhafte Furnierung vollstandig abgenommen wurde. Die unter der Neulackierung vorgefundenen Reste der Holzimitation sind als mögliche Ausführungsvariante ab Werk nicht dokumentiert. Holzimitationen waren in der Zeit noch Gegenstand der Ausbildung im Malerhandwerk. Die Imitation war auf jeden Fall zu unansehlich geworden, so daß sich bei der späteren Überarbeitung ein schwarzer Lacküberzug anbot, der dem Original aber überhaupt nicht entspricht.
Restaurierungsmassnahmen
Es sind keine Fotos vom Original bekannt. Eine Restaurierung des Gehäuses muß sich notgedrungen mit den Katalogabbildungen begnügen. Folgende Arbeiten sind notwendig:
- Aufbringen von Nußbaum-und Makassarfurnier, wie abgebildet
- Rekonstruktion des Gitters am Lautsprecherausschnitt
- Statt der Gummiknöpfe erhält das Gehäuse neue Fußleisten wie abgebildet
- Neue Bespannung aus Seide
- Nachbildung der Klemmvorrichtung für die Membran, dazu Einlassen von 4 Schraubgewinden vor dem Furnieren der Frontplatte
- Ergänzen der Rückwand
Abb. 12 komplettierter Rohbau vor dem Furnieren
Die technische Restaurierung konzentriert sich darauf, die Verformungen der Membran rückgängig zu machen und auf die Anfertigung von 4 Halteklammern.
Ergänzung des Furniers
Vor dem Furnieren wird die Rückwand aufgeschraubt, damit maximale Stabilität und Verwindungssteifigkeit gegeben ist.
Das Gitterwerk wurde aus Eichenholzleisten nachgebildet. Ebenfalls aus Eichenholz wurden die Fußleisten ergänzt. Bei der Auswahl des Makassarfurniers ist auf Material mit CITES-Zertifikat zu achten.
Für die Bespannung wurde ein der Vorlage für die Ausführung B entsprechendes Muster auf Seidengewebe aufgebracht. Die Bespannung wurde hilfsweise im Rahmen vorgespannt und innen aufgeklebt. 4 Klammern halten den Sickenrand in Position, ohne ihn zu fixieren, so daß die Membran frei beweglich bleibt.
Abb. 13 Vorderansicht während der Polierarbeiten
Abb. 14 Einbaulage von System und Membran
Abb. 15 Rückansicht
Die ersatzweise angefertigte Rückwand enthält das Elion-Markenzeichen und das LPU-Siegel als Kopien.
Links und Quellen
Bergtold, F. Lautsprecher und Lautsprechersysteme in: Funkschau Heft 37, München 1931, S. 295f.
Bergtold, F. So sind unsere Lautsprecher in: Funkschau Heft 44, München 1931, S. 348f.
Radio-Schnorr Katalog Leipzig 1932
Melzer, P.: Radio Katalog Funkmesse 1931, Dresden 1931
Gabriel, F.: Magnetische Lautsprechersysteme in aller Welt In: Funkschau Heft 15 u. 16, April 1930 Mit Abb. aus: Tests on cone-units, Wireless World, 26, Nr. 545f, 548
Sutaner, Hans: Wichtige Neuerungen an Lautsprechern in: Funkschau Heft 39, München 1933