SABA Baden-Baden W

- Chassis Wartung -

Schaltungsprinzip ............ 7-Röhren-Superheterodyne
Hersteller........................... SABA Villingen (Schwer und Söhne GmbH)
Herstelljahr ....................... 1951 - 53
Seriennummer ................ 413562 (1952)
Anzahl Kreise .................... 8 Kreis(e) AM / 9 Kreise FM
Wellenbereiche ............... MW 750 - 2000 m (LW), 186 - 510 m (MW), KW 16 - 30 m (KW I), 29 - 52 m (KW II) m, UKW 87 - 100 MHz
Ausstattung ...................... 2 gespreizte KW-Bänder, Klangfarbenregler m. Bass-Schalter, MHG-Schaltung für AM Bandbreitenregelung, Optische Anzeige der Bandbreite, 9 kHz-Sperre, Abstimmanzeige, NF-Gegenkopplung, UKW-Faltdipol
Spannungsversorgung .. Wechselstrom 110, 125, 240 Volt
Leistungsaufnahme ........ ca 45 Watt
Abmessungen (BxHxT) ... 54x35x22 cm (vorstehende Knöpfe nicht mitgemessen)
Gewicht ...... 15 kg
damaliger Preis incl. Röhren 349,-DM (Holzgehäuse)
Röhren ............................. ECH42, EF80, EF80, EF41, EM4, EBC41, EL41, E250C75, 2 Germanium-Dioden
ähnliche Typen ............... SABA Bodensee W, SABA Schwarzwald W, SABA Lindau W

Rundfunkjahr 1951/52

Deutschland kommt bei der Neuzuteilung der Lang- und Mittelwellenfrequenzen (Kopenhagener Wellenplan 1948) ultrakurz. Ein ungestörter Mittelwellenempfang ist nicht mehr möglich. Umso forcierter wird der Ausbau der UKW-Infrastruktur vorangetrieben. Im Frühjahr 1949 strahlen NWDR und Bayrischer Rundfunk bereits erstmals ein UKW-Programm aus, der Süddeutsche Rundfunk startete 1950 sein zweites Hörfunkprogramm von Beginn an auf UKW.
Die Gerätehersteller zogen nach und lieferten 1950 die ersten UKW-Empfangsgeräte. SABA erweiterte in St.Georgen und stellte für Februar 1950 UKW-Empfangsgeräte in Aussicht. Die neue Technik ist attraktiv - ab 1950 wurden Geräte ohne UKW unintereressant und die Hörerzahlen stiegen rasant.
Das Nachsaison-Modell Baden-Baden W taucht in den Jahren 1951 bis 53 als Vertreter des "alten Designs" nur selten in der Produktwerbung von Saba auf. In den Jahreskatalogen zur Heimatserie findet man den Typ überhaupt nicht, nur der flyer für die Händler von 1952 bewirbt das Gerät als "Konzertsuper" - dennoch muß das Modell den Weg zu den Kunden gefunden haben.

SABA_Baden-Baden_W Prospekt von 1951

Abb. 1 SABA_Baden-Baden_W Prospekt von 1951

In den Jahren 1952 und 53 steht das Modell unverändert auf den Händlerregalen. Erst 1954/55 wird ein Nachfolgemodell Baden-Baden W5 im typischen Design als "Gebißradio" der mittleren 50er Jahre vorgestellt, danach wird das Modell nicht wieder aufgelegt.
Gut erhaltene und vollständig originale Exemplare des frühen Modells finden sich heute eher selten. Ein rostiger Torso wie das hier vorgestellte Exemplar ist heute immer noch ein interessantes Objekt Technikgeschichte, an dem sich bei der Wiederinbetriebnahme die Anfänge des UKW-Rundfunkempfangs erschließen.

Erste Durchsicht des Chassis - Befund

Das stark verschmutzte, verrostete sowie unvollständige Chassis wurde sehr günstig erworben. Wie so oft hat man sich an den Röhren bedient und auch den Lautsprecher geräubert, das Übrige wohl erst mal auf den Haufen geworfen bis man auf die Idee kam, auch den staubigen Rest zu Geld zu machen. Der Zustand ist desolat: Chassislack wirft Blasen, Skalenscheibe fehlt, Skalenhintergrund lose und angerissen, Skalenantriebe und Zeiger fehlen, Siebelko wackelt und defekt, 1 keram. Rohrtrimmer gebrochen, Drehko lose, Chassis verzogen, linke Flansch für Poti verbogen, Poti und Netzschalter ohne Funktion, Sicherungshalter verbogen, ohne Sicherung. Bandbreitenwahlschalter sitzt fest, Tonblendenschalter verstellt, 2 Filtergehäuse stehen schief. Das Netzkabel wurde sauber ausgebaut und an den Teilen für die Anodenspannungserzeugung wurde bereits herumgebastelt, sonst sind an der original erscheinenden Unterseite keine Eingriffe erkennbar. Nach dem Datumsaufdruck auf einzelnen Komponenten stammt das Gerät aus dem Jahr 1952.

SABA_Baden-Baden_W Chassis im Fundzustand

Abb. 2 Chassisvorderseite vor der Aufarbeitung, nach Entstaubung und Reinigung

Bedienhinweise



Abb. 3 Bedienung und technische Werte (SABA Werksunterlage)

Lautstärke mit kombiniertem Ein-/Aus-Schalter links (Ziehen=Einschalten), rechts kombinierter Bandbreitenregler in 5 Stufen mit Bassschalter (Ziehen/Drücken), rechte Seite Abstimmung und sechsstufiger Wellenschalter.

Antenne

Wie die Mehrzahl der Geräte dieses Jahrgangs hatte Baden-Baden einen im Gehäuse angebrachten UKW-Dipol und zusätzlich einen Dipolanschluß für externe FM-Antenne. Innen ist ein offener Drahtdipol mit größtmöglichem Abstand zum Chassis angebracht. Die Doppelleitung verläuft links diagonal zur oberen Innenkante und rechts ebenfalls diagonal zurück. Eine Antennenbuchse und Erdverbindung für L/M/K-Empfang ist idealerweise für den Anschluß einer Langdrahtantenne vorgesehen.

Senderabstimmung

Die Abstimmung ist mechanisch aufwendig als Schwungradantrieb mit Untersetzung von Reibrad auf Winkelhebel umgesetzt. Die Endstellungen lassen sich einstellen. Diese Konstruktion ist bereits Ende der 30er Jahre entwickelt und unverändert übernommen worden. Sie findet sich auch an den anderen Typen dieser Gerätegeneration wieder. Die neu eingeführte UKW-Skala ist ungeeicht und nur von 0 bis 100 aufgeteilt.

Chassis



Die Geräte dieser frühen Nachkriegsproduktion verfügen nicht mehr über den SABA-typischen Netzanschluß, der das Gerät beim Abnehmen der Rückwand vom Netz trennt. Der Transformator besitzt keine übergebaute Gleichrichterröhre mehr, vielmehr ist ein Selen-Einweggleichrichter auf das Chassis montiert. Wegen der Einweggleichrichtung ist die Siebkette zweistufig mit kräftigen Siebelkos ausgelegt. Augenfällig ist die auf dem gummigelagerten Drehkondensatorgehäuse aufgetürmte UKW-Baugruppe, die das Drehko-Getriebe über zusätzliche Seilscheibe am Kniehebel und einen Seilzug zur Abstimmung mitnutzt.

Einzelne Blechteile des Chassis sind identisch mit Vorkriegsteilen. Gegenüber den Mittelklasse-Vorkriegsmodellen mit ihren aufwendigen mechanischen Lösungen zeigt dieses SABA-Gerät den Trend zu schlichteren und kostengünstigeren Lösungen. Die großen HF-Spulenkörper der Vorkriegszeit mit ihren integrierten Schaltgruppen wurden aufgegeben. Der Wellenschalter ist weniger hochwertig (Pertinax statt Amenit) mit Federkontaktscheiben ausgeführt und wird traditionell über eine zur Seite herausgeführte Achse bewegt. Die ersten Geräte mit Tastensatz kommen bei SABA bereits 1952 - zeitgleich mit diesem Gerät - auf. Der dynamische Lautsprecher mit Permanentmagnet ersetzt die gewichtigen Ausführungen mit Feldspulen und läßt um 100 Volt niedrigere Sekundärspannungen zu. Obwohl 7 Röhren verbaut sind, liegt die Gesamtleistungsaufnahme bei den neuen Loktal- bzw. Novalröhren unter 50 Watt.

SABA_Baden-Baden_W Chassisunterseite modif

Abb. 3 Chassisunterseite vor der Aufarbeitung, Anzeigeröhre fehlt, Elko und Beleuchtung bereits ausgebaut.

Für die Revisionsarbeiten an der Unterseite baut man die Lampenhalter und die Skala samt Lichtschirm am besten aus, damit man besseren Zugang zum gedrängten Aufbau erhält. Zum Austausch einiger Kondensatoren muss die Anzeigeröhre samt Fassung abgeschraubt und beiseite gelegt werden. Beim Austausch von Teilen muß sorgfältig darauf geachtet werden, daß keine Kurzschlüsse an den nahe beieinander liegenden Kontakten erzeugt und keine Zuleitungen beim Löten übersehen werden. Statt auszulöten lieber die Drähte abknipsen. An den Teilen ziehen gefährdet die Lötösen, da die Zuleitungen vor dem Löten umgebogen wurden.

Rostbehandlung

Der aufgebrachte Silberlack hat die Chassisoberseite nicht vor Rost geschützt. Für eine flächige Entrostung und Neubeschichtung der Oberseite wurden Trafos, Gleichrichter und Drehkondensator mit UKW-Aufsatz ausgebaut. Auch die Schalter und Potentiometer an den seitlichen Flanschen, die innen ebenfalls Rost angesetzt hatten. Erst dadurch läßt sich die Oberfläche komplett entrosten und entfetten. Die Röhrenfassungen und das Innenleben der Filter, sowie alle Durchbrüche und Schrauben/Nieten sowie die Unterseite wurden sorgfältig abgeklebt. Dann wurde ein silberfarbiger Zinkspray aufgetragen.

Bauteilliste

Die von SABA verwendeten Kondensatoren aus eigener Produktion und aus Fremdbezug sind zu Vorkriegszeiten meist nur mit dem hauseigenen Code (Bestellnummer) versehen. Die Nachkriegsproduktion ist transparent bedruckt mit Hersteller, Kapazitätswert, Spannungen, Güteklasse, Produktionsjahr, Bestellnummer. In der Ersatzteilliste zur Type 5130-874 "Baden-Baden W", SABA-Werke, 1951 findet man weitere Details.

In der folgenden Aufstellung sind die Teile aufgeführt, die in der Revision des Chassis überarbeitet, ausgetauscht oder ergänzt werden mußten. Die SABA-Bestellnummer mit Bezeichnung und Wertangaben und die Wartungsmaßnahme sind aufgeführt.

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Nr.Bestnum. Bezeichnung KomponenteWert / EinheitErsatz
16 Widerstand R1 MOhm fehlend, ergänzt
17 Widerstand R1 MOhm fehlend, ergänzt
18 840-248 Potentiometer RUWID, 0,3+1MOhm m. 2-pol. NetzschalterPoti u. Schalter gangbar gemacht
48 1403-6 Papierkondensator 5000 pF, 500V-defekt, ersetzt
49 1404-41 Papierkondensator 3000 pF, 500V~defekt, ersetzt
50 1404-7 Papierkondensator 2 x 5 nF, 500V~entfernt
51 1402-6 Papierkondensator 5 nF, 500V~defekt, ersetzt
52 1401-11 Papierkondensator 100 nF defekt, ersetzt
53 1402-9 Papierkondensator 25 nFdefekt, ersetzt
54 1402-10 Papierkondensator 50 nFdefekt, ersetzt
55 1402-8 Papierkondensator 100 nF defekt, ersetzt
56 1402-11 Papierkondensator 100 nF 500V~ defekt, ersetzt
57 1436-15 Keram. Kondensator 5 nF Isol. defekt, belassen
66 1480-2 Elko 10 uF, 35 V-defekt, ersetzt
71 920-164b Ratio-Elko 5 μF, 100/110 V-defekt, ersetzt
72 1480-9 Elko 100 μF, 12/15 V-defekt, ers. d. 100 uF/35 V-
73 920-320 Elektrolyt-Kondensator 2 x 50 μF, 385V-defekt, ersetzt 500 V-
77 863-47 Elektrolyt-Kondensator 16 μF, 385 V-defekt, ersetzt
78 910 U 63 Netzschnur fehlend, ergänzt
79 5130-700B Skala schwarz/weiß fehlend, ergänzt
84 803 U 21 Trimmerleiste MW Trimm-Punkt 25 abgebrochen
85 938 U 18 Lautsprecher, komplett 5 Ohmfehlend
86 563/76 Sicherung 500 mA fehlend, ergänzt
87 910 U 60 Zeiger m. Filzringfehlend, nachgefertigt
88 5130-693 Drahtseil f. Zeiger fehlend, ergänzt
90 910 U 61 Lichtschirm Ecke mit Öse abgerissen, ergänzt
91 840-595 2 Spannfedern f. Lichtschirmfehlend, nachgefertigt
92 5130-692 Drahtseil f. Lichtschirmfehlend, ergänzt
93 840-598 Zugseil f. Wellenber.anzeigefehlend, ergänzt
94 840-605 Drehfeder f. Wellenb.anz.fehlend, nachgefertigt
95 5130 U 73 Seilscheibe f. Wellenb.anz.Spritzguß stabilisiert
96 840-222 Träger f. Anzeigeröhreangefertigt f. Stahlröhre
97 1602 U 3 Fassung f. Anzeigeröhreausgetauscht (Stahlröhre)
98 5233 U 50 UKW-Vorsatz Glasstablose, am Flansch fixiert
99 580/111 Beleuchtung Soffitte 6,3 V, 300 mAFadenbruch, Ersatzlampe aufgelötet
100 Chassisblech Verzug korrigiert, entrostet, verzinkt
102 Knopf f. Wellenschaltermit Metallmuffe 12 mm versehen

Sämtliche Elektrolytkondensatoren mit Teerverguß waren völlig unbrauchbar und total ausgetrocknet. Beim Trocknungsprozeß wurden die Teerpropfen nach außen gedrückt, das Elektrolyt hat sich in trockene Krümel verwandelt. Auch die Siebelkos im Alubecher waren aus demselben Grund unbrauchbar. Der Alubecher hat sich am Boden sogar zersetzt und mußte entsorgt werden.
Die Wickel der Papier-Rollkondensatoren zeigten keine äußerlichen Defekte, die Teerisolierung war aber ebenfalls nicht dicht. Es wurden daher alle Papierkondensatoren, die an höheren Spannungen hängen, vorsorglich vor der Inbetriebnahme ausgetauscht. Die Röhrchen entsprechen in Material, Abmessungen und Inhalt dem Vorkriegsmaterial, sollten aber wegen des geänderten Aufdrucks aus aktueller Produktion stammen. Sie haben ausreichend Platz, um einen modernen Axialkondensator aufzunehmen. An einigen Stellen im Bereich des Wellenschalters ist so eng gebaut worden, dass es besser ist, die heiße Seite des alten Kondensators abzuknipsen und ihn dort zu belassen und das Austauschteil darüber zu montieren.

Bekannte Fehler

SABA weist auf einige bekannte Mängel in den "Besonderen Reparaturhinweisen" hin. In einem Teil der UKW-Vorsatzgeräte wurden keramische 5nF Kondensatoren (Bestnr 1406 und 1407) eingebaut, deren Dielektrikum sich als nicht ausreichend spannungsfest erwiesen hat. Austauschteile (Stemag) konnten unter der Bestnr. 1436-15 bezogen werden. Teile unter dieser Bestellnummer sind auch im UKW-Vorsatzgerät 963 U 100 verbaut. Sie sind noch funktionstüchtig, allerdings hat sich die äußere Isolierschicht abgeschält.

Schaltung

Für dieses Gerät aus 1952 mit Seriennummer größer als 409001 gilt der entsprechende Schaltplan 5130-874.

SABA Baden-Baden W schematics

Abb. 4 Schaltplan SABA Baden-Baden W 5130-874

UKW-Vorsatz 963 U 100

Wie im Bodensee W ist auch im Baden-Baden W dieser Vorsatztyp werksseitig eingebaut. Er hat einen Verstärker und eine selbstschwingende Mischstufe, beides mit den Novalröhren EF80 realisiert. Die Abstimmung erfolgt mit einem 2-fach-Variometer über die Zwischenkreis- und Oszillatorspulen im Bereich von 87,5 bis 100,0 MHz. Die Festlegung dieses Frequenzbands geht auf eine Abstimmung der Sendeanstalten mit Postverwaltung und Geräteherstellern im Jahr 1948 hervor. In der zweiten EF80 erfolgt eine additive Mischung der HF und der Zwischenfrequenz. Es existiert eine detaillierte Schaltungsbeschreibung zum ähnlichen Typ Nr. 5103 U70 von H.M. Knoll. Das Oszillatorsignal steht am Ausgangsfilter an, das die ZF von 10,7 MHz von den harmonischen Oberwellen trennt und gelangt über den Wellenschalter an die Pentode der ECH42. In Stellung UKW wirkt die Röhre nur als Verstärker und versorgt das erste ZF-Filter.

Oszillator-Störstrahlung

Bei der Entwicklung dieser frühen UKW-Boxen kämpfte man um die Eindämmung der Störabstrahlung von UKW-Oberwellen, die vom Oszillator auf den Antenneneingang rückwirkten. Die Oszillatorspannung wird nämlich über den Zwischenkreis rücktransformiert und würde den Dipol-Eingang als Sendeantenne nutzen. Dies unterdrückt der selektive Vorkreis und die Vorverstärkerröhre. SABA bescheinigte, das die UKW-Boxen mit selbstschwingender Mischstufe die Grenzwerte der DBP einhalten. Zwischen der Empfehlung der Bundespost (max. 200 μV/m in 30 m Abstand) und dem von der Industrie erreichten Standard von ca 500 μV/m klaffte aber um 1953 noch eine deutliche Lücke. Die Problematik kam um 1958 erneut hoch, da der abgestrahlte Oberwellenanteil der UKW-Empfänger den Fernsehempfang stören konnte.


Abb. 7 SABA Baden-Baden W UKW Box geöffnet. Eine Kunststoffisolierung hat sich von keram. Kondensator 5 nF gelöst

Das Variometer stimmt Zwischen- und Oszillatorspulen ab, zwischen den Spulenkörpern, über dem Kern ist ein Konus aus Aluminium erkennbar, der die beiden Spulen entkoppelt. Wie man im Bild auch erkennt, hat sich die Kunststoff-Isolierung vom keramischen Kondensator 5 nF am Ausgangsfilter gelöst. Die Silberbeschichtungen sind leicht oxydiert, das Kupfer des Abschirmgehäuses ist grünspanig angelaufen. Die Drahtbügel fehlen, womit die beiden Röhren am Herausfallen gehindert werden sollen. Der Glasstab des Variometers ist oben am Hebel über eine Flansch fixiert. Dort fehlten Schrauben bzw. Nieten. Der Ein-Ausbau dieser Einheit ist recht einfach. Beim Wiedereinbau ist zu beachten, daß man die Heizungsanschlüsse farbgerecht (schwarz-braun) zuordnet, um einen Kurzschluß im Heizungskreis zu vermeiden.

Mehrwege-Hochfrequenz-Gegenkopplung (MHG)

Neu ist die fünfstufige MHG-Schaltung mit wählbaren AM-Filterkennlinien. Sie löst die mechanisch realisierte Vorkriegstechnik des stufenlos regelbaren Dreibandfilters ab. Beide Regelschaltungen sind von E. Leuthold entwickelt worden. Um diese Form der Gegenkopplung leichter erfassen zu können, sind die Filterelemente auf dem AM-Signalweg zwischen dem ersten und zweiten Bandfilter herausgezeichnet, der UKW-Signalpfad wurde zur besseren Übersicht weggelassen (S12 steht am NF-Eingang auf AM, S18 öffnet das 4-Kreis-Bandfilter für AM, ebenso S24).

SABA Baden-Baden W MHG filter circuits
Abb. 5 MHG-Schaltung des SABA Baden-Baden W

Der MHG-Schalter ist mit dem Klangregler gekoppelt (gestrichelte Linie), der über Hoch- bzw. Tiefpässe auf die Anodenwechselspannung bzw. den Steuergittereingang einwirkt.

Röhren und Halbleiter

Gemischter Satz Rimlock- (ECH42, EF41, EBC41, EL41) und Noval-Röhren (EF80, EF80), Außenkontakt-Anzeigeröhre EM4, Selen-Gleichrichter E250C75, 2 Germanium-Dioden.
Für Revisionsarbeiten erleichtert der Röhrenplan von der Chassisunterseite das Auffinden der Beschaltung nach Schaltplan


Abb. 6 Röhrenlageplan SABA Baden-Baden W (1952)>

Die Röhre EM4 ist in gut brauchbarer Qualität nur noch schwer erhältlich und dann unverhältnismäßig teuer. Aus diesem Grund kann man als Ersatz eine EM11 oder EFM11 (Stahlröhrensockel) oder eine EM71 (Loktal) einbauen, muß aber bedingt durch abweichende Fassungsabmessungen einen passenden Halter anfertigen und die Position etwas verlegen. Weitere Austauschtypen: EM2, EM34, 6AF7, EM5 (Topfsockel), EM35, 6E5C/S (Oktalsockel). Durch das schnöde Abknipsen der Röhre mit Fassung fehlten auch die zwei Vorwiderstände für die Anoden.


Abb. 7 Umbau des mag. Auges auf EM11 mit nachgefertigtem Halter für Stahlröhrenfassungen

Drehkondensator

(5138 U 5) Zweifach-Luft-Drehkondensator. Die Bauweise entspricht den Modellen aus 1939, Ausführung in Stahlblech. Entstauben und auf Fremdkörper prüfen, Keramikisolatoren sowie Kontaktfedern säubern (keine Öle).

Wellenbereichsanzeige

Die Seilscheibe am Anzeigezylinder ist aus Spritzguß. Bei diesem Gerät ist dieses Teil komplett von Haarrissen durchzogen und nicht mehr stabil. Die Scheibe läßt sich durch Acrylat festigen. Zum Festziehen der Schraube muß man ein passendes Stückchen Eisenrohr mit Gewinde anfertigen und die Flansch der Seilscheibe damit überfangen. Eine Spannfeder fehlte. Man kann sie sich aus Federdraht anfertigen (ca 8 Windungen auf etwa 8 mm Durchmesser, Wicklungssinn beachten!)

Vorkreise

(5135 U 25) Nur Öffnen, wenn Fehlfunktion vorliegt. Prüfen, ob die Kerne und Trimmer beweglich sind (Kerne nur von oben einzustellen). Der Rohrtrimmer für Abgleichpunkt (23) ist defekt. Ein Ersatztrimmer ist an die Unterseite anzulöten. Nachgleichen des Oszillators KW II erforderlich.

Oszillatorkreise

(5136 U 20) Nur Öffnen, wenn Fehlfunktion vorliegt. Der Trimmpunkt (17) sitzt lose auf dem Träger aus Trolitul. die gesamte Bank ist versprödet und muß mit Vorsicht behandelt werden. Kontakt nachgeklebt, Sitz der Kontaktfeder muß nachjustiert werden. Nachgleichen des Skalenendpunktes KW II erforderlich

Dioden-Bandfilter

(927 U 40) Nur Öffnen, wenn Fehlfunktion vorliegt.

Vierfach-Bandfilter

(5134 U 15) Nur Öffnen, wenn Fehlfunktion vorliegt.

Lautsprecher

(908 U 30) permanent-dynamischer Breitband-Lautsprecher, Magnetfabrik Dortmund, 4 Watt, 5 Ohm, 22,5 cm Korbdurchmessser. Ausgangstransformator mit Primär-Imp. 7000 Ohm auf dem Chassis angebracht, Zuleitung über seitlichen Stecker. Bei der Gehäusekonstruktion ging man bei dem großen Lautsprecherdurchmesser bis an die Grenze, um eine möglichst niedrige Schallwandhöhe zu erzielen. Das Gehäuse ist dadurch nur 35 cm hoch. Erst in den Folgejahren werden die ovalen Lautsprecherkörbe eine weitere Reduktion ermöglichen. Das beschriebene Original ist nicht einzeln zu bekommen. Es wurde ein Permadyn 25 Nr. 5238 U2 (serienmäßig in SABA Villingen W II von 1952-53) mit identischen Maßen und Werten, aber anderem Magnetsystem (Tigges Magnet) eingesetzt.

6. Inbetriebnahme

Chassisoberseite nach Revision

Mit zugekaufter Skalenscheibe vom Typ Baden-Baden Nr. 5130-700B, auf EM11 umgebauter Abstimmanzeige, einem Satz neuer Röhren und einem Lautsprecher ist der Baden-Baden betriebsbereit und wieder fast komplett. Die fehlenden Mechanikteile unter der Skalenscheibe wurden noch ergänzt, so daß Skalenantrieb, Bandbreitenanzeiger und Wellenbereichsanzeiger wieder funktionieren.

Abb. 8 Chassisoberseite nach Revision im funktionsfähigen Zustand

Trafo in Betrieb nehmen

Vor dem Anschließen an den Stelltrafo hat man mögliche Fehler durch Übergangswiderstände an Sicherungshalter, Spannungswähler und Netzschalter vorher ausgeschlossen bzw. behoben. Brüchige Netzzuleitungen wurden ausgetauscht. Mit einer am Stelltrafo eingestellten Klein-Wechselspannung kann man bereits feststellen, ob überhaupt Anodenwechselspannung und Heizspannungen erzeugt werden. Um den alten Gleichrichter und die Lade-und Siebelkos zu prüfen bzw. zu formieren, lötet man die Verbindung am Gleichrichter ab, schaltet ein Amperemeter dazwischen und tastet sich langsam an 220v~ heran. Die Stromaufnahme sollte sich um ca 51 mA stabilisieren. Die Spannung am Ladeelko steigt unmittelbar nach dem Einschalten auf etwa 310 Volt an und liegt bei eingeschaltetem UKW auf konstant 242 V-, dabei ist eine Restwelligkeit von ca. 12 V AC (true RMS) vor den Siebelkos festzustellen, die Siebung bewirkt eine Glättung auf ca 15 mV aufgelagerter Wechselspannung.

NF-Stufe in Betrieb nehmen

Für den nächsten Schritt ist der Gleichrichter mit Ladeelko und Siebkette wieder mit der Schaltung verbunden, die NF-Röhren EL41 und EBC41 gesteckt sowie ein Hilfslautsprecher angeschlossen. Wellenschalter steht auf T.A. Damit läßt sich bereits die korrekte Erzeugung von Anoden-, Schirmgitter und negativer Gittervorspannung und die komplette NF-Stufe testen. Vorher prüfen, ob alle Austauschteile korrekt verschaltet wurden. Auf den Restbrumm im Leerlauf achten. Im Leerlauf sollte ein Netzbrumm erst im letzten Drittel des Lautstärkereglers wahrnehmbar sein. Das Gegenteil ist festzustellen, nachdem der reparierte Poti wieder angelötet wurde: Nach dem Aufheizen ist ein tiefer 50 Hz-Brumm im ersten Drittel des Lautstärkereglers zu hören, es brummt mit ca 150 mV am Ausgang, obwohl die Restwelligkeit an den Anoden um Größen darunter liegt. In der zweiten Hälfte nimmt das Brummen stark ab. Also muß nach einer verstärkten Einstreuung gesucht werden.

Die NF-Stufe funktioniert grundsätzlich, wenn sie bei der Fingerprobe am TA-Eingang mit einem satten Brumm reagiert.

Hochfrequenzstufen in Betrieb nehmen

Für den nächsten Schritt ist der komplette Röhrensatz, also zusätzlich die Mischröhre ECH41 und ZF-Verstärker EF41 sowie die EBC41 einzustecken, sowie eine Wurfantenne und eine Erdleitung zu verbinden. Um defekte Röhren auszuschließen, wurden zunächst frische Exemplare eingesteckt. Mit dem Wellenschalter und dem Abstimmknopf das Gerät in den AM-Bereichen durchstimmen und prüfen, ob sich spontan Sender empfangen lassen. Ist das nicht der Fall, mit einem Meßsendersignal am Eingang die Prüfung fortsetzen.

Schließlich kann man die beiden UKW-Röhren EF80 einsetzen und auf UKW umschalten. Ein provisorischer Dipol (ca 1-2 m Drahtschleife) muß an den beiden Dipolbuchsen angeschlossen sein. Bei diesem Gerät meldete sich der UKW-Empfang mit neuen Röhren nach Jahrzehnten sofort mit guter Qualität zurück!


Abb. 9 Chassisunterseite nach Revision. Geänderte Lötstellen und erneuerte Bauteile mit Farbmarkierung

Kurzwellen: Oszillator schwingt nicht

Mit zunehmender Frequenz tut sich der AM- Oszillator schwer. Langwellen werden noch empfangen, aber bereits im oberen Mittelwellenband tut sich nichts mehr und die Kurzwellen schweigen ganz. Auf der Suche nach der Ursache fiel der Rückkopplungskondensator 500 pF an der Trioden-Anode der ECH42 auf. Er sorgt für eine Mitkopplung des Oszillatorsignals auf den Schwingkreis. Wird diese zu schwach, hört die Schwingung auf. Leider ist dieser Kondensator praktisch unzugänglich zwischen Wellenschalter und Röhrenfassung verbaut und kaum zu finden. Um auch nur an seine Zuleitungen zu kommen, muß einiges an Verdrahtung weggeräumt werden. Ein eigenes kleines Projekt.

Abgleich

In den Spulenkörpern sind 2-3 Kerne enthalten, die der SABA-Tradition entsprechend mit verschiedenen Bestecken von oben einzustellen sind. Dabei ist der obere ein Hohlkern, der es ermöglicht, zum unteren Kern zu gelangen. Beide Kerne brauchen also unterschiedliches Besteck. Besonders die Hohlkerne sind äußerst vorsichtig zu behandeln.

Alle Kerne sind ab Werk mit Wachs fixiert. Je nach Menge läßt sich dieses Wachs mit Wärme (nicht Hitze!) oder sicher mit einigen Tropfen Terpentin einweichen und auflösen. Etwa 15-30 Min. warten und dann beginnen, sanft den Kern hin- und herzubewegen, bis er frei dreht. Auf diese Weise ließen sich alle Kerne gängig machen.

Die Abfolge der Abgleichschritte ist auszugsweise aus den SABA Werksunterlagen entnommen.

SABA Baden-Baden W Abgleich

Abb. 10 Abgleichelemente und -schritte (aus SABA Werksunterlagen).

Gehäuse anfertigen

Ein funktionierendes Chassis sollte ein passendes Gehäuse haben. Wer sich mangels Leergehäuse für den Nachbau entscheidet, muss sich an den Massen des Chassis und den Außenabmessungen orientieren und beginnt am besten mit der Grundplatte aus Nadelholz.

Ein paar Tips:
Die Formgebung des Seitenprofils muß sorgfältig geplant werden, damit die Frontknöpfe noch passen.
Die geschwungene Form überträgt man auf die inneren Zwickel und baut mit diesen Spanten die Lisenen aus 4 mm Nadelholz auf. Eine Traverse wird an der Hinterseite eingeleimt.
Die Deckplatte macht man separat und baut sie zuletzt ein.
Die unteren und oberen Umfassungsleisten (Vollholz) profiliert man so, daß die Ausschnittmarkierungen auf der Skalenscheibe gerade noch sichtbar sind.
Rundungen per Schablone ausformen, damit es beim späteren Furnieren nichts auszugleichen gibt.
Für den Laien sind die eingelegten Filetstreifen eine weitere Herausforderung. Am besten gelingt das Schneiden gleichmäßig schmaler Streifen (gewählt Riegelahorn) an einem langen Metallineal.
Die Streifen werden im Wechsel mit dem Nußbaum (gemessertes Furnier) gelegt und erst provisorisch hinterklebt, um sie an der Rückseite zu leimen.
Das Furnier bricht beim Biegen an den Rundungen nicht, wenn man es dünn vorleimt und antrocknen läßt.
Wer bei der Konstruktion Probleme hat, kann sich über den Kontakt an mich wenden.
Die Abbildung zeigt den Nachbau nach dem ersten Lackauftrag.

SABA Baden-Baden W Gehäusenachbau

Abb. 12 Gehäusenachbau

Die folgende Abbildung zeigt das Fundchassis nach der Aufarbeitung komplettiert mit Gehäusenachbau, Lautsprecher und Innendipol

Abb. 13 SABA Baden-Baden W Rückseite nach Fertigstellung

Abb. 14 SABA Baden-Baden W in Betrieb

Quellen und Verweise

SABASABA - Baden-Baden - Der UKW-Konzertsuper mit MHG-Schaltung, Werbeblatt (2 Seiten), Müllerdruck Villingen, 28.12.1951 Ausgabe 28 (Nr. 56)
SABA - Baden-Baden W - Der UKW-Konzertsuper mit MHG, in: Schwarzwälder Präzision und Qualität, Prospekt (6 Seiten), Todt KG Villingen, 1952, S.2
Neue Empfänger - Saba-UKW-Konzertsuper: Baden-Baden in: Funkschau H. 3 1952, S.60
Saba Baden-Baden in: Funk-Technik Empfängerkartei 335, Funk-Technik 12 1952
SABA Ersatzteilliste zur Type 5130-874 "Baden-Baden W", SABA-Werke, 1951
SABA Besondere Reparaturhinweise, SABA-Werke, 1951
ERB, Ernst: Krönung mit dem Abgleich. In: Radiomuseum.org (Auszug aus: Radios von gestern, gleichn. Autor, 3. Aufl. 1998)
FREUDENBERG, Hermann: Die MHG-Schaltung von SABA. in: Radiomuseum.org (2003)
FÖRSTER, Gerhard: Oszillatorstörstrahlung und Rauschzahl bei UHf-Tunern In: Funkschau 1958, H. 3, S. 65f.
KNOLL , H. M. Der Signalweg beim FM-Empfang in den Superhets der Röhren-Ära der Firma SABA. In: Radiomuseum.org (2015), Abb. 7
GIESE, Harald: Dein Tuner, das unbekannte Wesen, In: Radiobastlerforum, Thread 1682
KUNING, E.: Die Messung der Störstrahlung an UKW-Empfängern In: Funkschau 1952, H. 16, S. 306 ff.
ANTPÖHLER, Olaf: AM Abgleich für Radios leicht gemacht. In: Radiomuseum (2004)
MÖLLER, C.: UKW-Antennen für Fernsehen und FM. In: Funk-Technik Nr. 21 1949, S. 636 ff.
WIEGAND, Rolf: Funkschau-Abgleichtabelle In: Sonderdruck Funkschau Nr. 7, Funkschau-Verlag 1944
SABA Werbefilm Schwarzwälder Wertarbeit