SIPO.Werkzeugkästchen (2014)

Funktion

Das Kästchen dient zur Aufbewahrung von Gravierwerkzeugen und Radiersticheln. Die Werkzeuge liegen auf Leisten mit angepaßten Vertiefungen. Zur Aufbewahrung von Radiernadeln ist ein Schublädchen im Sockel vorgesehen.

Als Material der Wahl diente vor allem in England Mahagoniholz. Als Beschlagmaterial wurde zu Mahagoni regelmässig Messing eingesetzt, das mit dem Goldton des alternden Holzes perfekt harmoniert.

Sipo-Mahagoni im Recycling

Mahagoni ist seit einiger Zeit eine für den Möbelbau problematische Holzart. Begann das Aussterben der SWIETENIA mahagoni durch zügellosen Raubbau im 18. Jahrhundert zunächst auf Kuba, wurden im 19. und 20. Jahrhundert auch ähnliche Holzarten Lateinamerikas und Westafrikas (SWIETENIA macrophylla) dezimiert. Im Fenster- und Treppenbau wurden verschiedene westafrikanische Arten in den 1970er Jahren massiv eingesetzt. Später mit dem Aufkommen der Thermoisolierung wurden diese Holzfenster meist als Altholz entsorgt. Das beständige Material ist aber zu schade zum Verfeuern zumal einst ganze Wälder mitsamt ihrer Tier-und Pflanzenwelt dem Raubabbau dieses Holzes zum Opfer fielen. Die westafrikanischen Meliaceen-Arten, worunter auch Sipo gehört, sind inzwischen selten. Angebote im heutigen Holzhandel (Kürzel ENUT), auch per FSC-Logo, müssen potentiell als aus Raubbau stammend betrachtet werden. Die Verwendung von Mahagoni und anderer tropischer Ersatzholzarten aus Neuimporten ist deshalb abzulehnen.

Eine Alternative ist die Wiederverwendung von "wertlosen" Altbeständen aus der Fenster- und Innenrenovierung. Die aus Altmaterial gewonnenen Kantel können aufgetrennt und für den Bau von Kleinmöbeln gut verwendet werden. In dem hier beschriebenen Fall handelt es sich wohl um Sipo-Mahagoni aus Westafrika (heute als "gefährdet" auf der roten Liste). Das Holz ist gut zu schneiden, außerordentlich gut schleif- und polierbar. Der Feinschliff kann mit Öl durchgeführt werden, um vor dem Füllen und Polieren das Maserbild "anzufeuern". Lediglich beim Abhobeln ist Sorgfalt geboten, da ein starker Wechseldrehwuchs vorliegt, der das typische geflammte Maserbild bestimmt. Verschraubungen (Beschläge) müssen immer vorgebohrt werden, da das Holz sonst zu reissen droht.

Die beiden Abbildungen zeigen die Oberfläche einer sägerauhen Fensterkantel aus Sipo mit Wechseldrehwuchs (gegenläufige Faserrichtungen) und das feurige Maserbild nach Ölschliff.

Ausführung

Für das beschriebene Kästchen wurde ein Kantel aus Altfenstern in Brettchen von 6 bis 8 mm Stärke auf der Kreissäge aufgetrennt und per Rauhbank glattgehobelt. Für das Stück wird ein Kantel von ca 30 x 10 x 7 cm benötigt. Bei dem verwendeten Kantholz handelt es handelt sich wohl um die westafrikanische Art Sipo (ENTANDROPHRAGMA utile) aus dem Spektrum der MELIACEAE mit orange-rotbraunem Grundton, goldenen Reflexen und tief-dunkelbraunen "Flammen", die vom Wechseldrehwuchs herrühren. Das Holz war 40 Jahre als Fensterrahmen der Bewitterung ausgesetzt. Außer einer etwa 1 mm dicken Patina sind keine Witterungsschäden festzustellen.

Das Kästchen wird aus Vollholzbrettchen in Gehrungsverbindungen, eingefälztem Zwischenboden und Deckelplatte zusammengeleimt, der Deckel anschließend vom Korpus abgeschnitten. Das Schublädchen im Sockel läuft auf einer eingegrateten Laufleiste und wird durch einen Federstift vor dem Herausfallen geschützt. Die Feder wird beim Öffnen des Deckels freigegeben. Wegen der dünnen Brettstärke kommen nur kleine Messingscharniere 2 x 0,75 in Frage. Die Deckelzuhaltungen an der Vorderseite sind eigens angefertigt und nachstellbar.

Die Ecken des Gehäuses sind angefast und mit einem Ebenholz-Viertelstab leicht abgerundet. Ein um den Deckel laufender ebonisierter Viertelstab rundet ebenfalls die Deckeloberkante ab.

Gesamtmaße:

220 x 165 x 91 mm

Risszeichnung

Literatur

  • ROUBO, III, 2., pl. 231
  • PYNT,Jenny, HIGGS, Joy: A History of Seating, 3000 BC to 2000 AD: Function Versus Aesthetics. Amherst 2010: Cambria Press