OWIN E11W
- Rekonstruktion -
Das Audion E11W ist ein Wechselstrom-Geradeausempfänger mit Schirmgittervorröhre und variabler Antennenanpassung für den Fernempfang an kurzer Antenne.
Schaltungsprinzip ........ | 5-Röhren-Rückkopplungs-Audion |
Hersteller......................... | OWIN Radio-Apparate-Fabrik GmbH, Hannover (Oskar Winter) |
Herstelljahr ................. | ca Mai 1930 |
Anzahl Kreise ................ | 2 Kreis(e) AM |
Wellenbereiche ............ | 200 ... 2000 m LW, MW |
Ausstattung ................... | Zweikreis-Abstimmung, Lautsprecher- und Phonoanschluss |
Spannungsversorgung . | Wechselstrom 90-120, 120-130, 145-165 und 190-240 Volt |
Lautsprecher ................. | nur externer Lautsprecher, z.B. OWIN L2P |
Leistungsaufnahme .... | ca 35 Watt |
Abmessungen (BxHxT) . | 48 x 22 x 20 cm |
damaliger Preis ............ | 312,- RM (198 + 65 RM für den Röhrensatz, 49,-RM für den Lautsprecher) |
Röhren .......................... | RENS1204, 2 x REN1004, RE134, Gleichrichterröhre (RGN354 bzw. RGN 504) |
ähnliche Type ............. | E15W |
1. Rundfunkjahr 1930/31
Die Radioindustrie war in den zwanziger Jahre eine junge, aufstrebende Industrie, die sich ab der zweiten Hälfte des Jahrzehnts kräftig entwickelte. OWIN, der Name ist abgeleitet vom Gründer und Financier Oskar Winter, hatte um 1930 bis zu 500 Mitarbeiter und fertigte in Hannover Apparate in hoher Fertigungstiefe. Im Absatzkrisenjahr 1935/36 mußte Owin neben Lumophon und Seibt Insolvenz anmelden und verschwand 1936 vom Markt. Owin lieferte als kleinerer Hersteller in der Saison 1930/31 11 Empfängertypen, davon 7 Netzempfänger für Gleich- oder Wechselstrom. Empfangsprinzip bei allen Apparaten ist das Audion. Die Typen E11W und E15W sind Wechselstrom-Netzempfänger, deren Audion auch für Fernempfang an kleiner Antenne geeignet ist. Vorherrschend zu dieser Zeit sind noch niedrige, schatullenartige Gehäuse ohne Lautsprecher.
Abb. 1 Werbung des Funkvertriebs Berlin mit separatem Angebot für den Röhrensatz zum E11W.
Owin zeigte auch eine Radio-Kombination mit Lautsprechertisch, die Schallwand im Chinoiserie-Stil mit geflammtem Nußbaumfurnier passend zum Radio.
Abb. 2 - Zwar prägt noch eine technisch gehaltene Phenolharzplatte im Schildpatt-Schimmer die Front, das Gehäuse ziert aber bereits ein Frontrahmen aus Edelholz, passend zum Stilmöbelcharakter des Lautsprechertischs. Anfangs der 30er Jahre zieht das Radio als Möbelstück in die gutbürgerliche Wohnung ein und läßt seinen Laborcharakter hinter sich. Etwa 3 Millionen Hörer waren zu dieser Zeit bereits registriert. Die Werbung verbindet das Radio mit dem Hörgenuß und zeigt ein Paar "ganz gefangen" von der Musikübertragung auf dem Sofa lauschend, im Hintergrund ein E11 mit Lautsprechertisch ...
Radioempfang ist zu dieser Zeit ein teurer Luxus. Geräte wie diese waren für die arbeitende Bevölkerung bei einem Monatsgehalt von durchschnittlich 140 Reichsmark kaum erschwinglich. Die gezeigte Kombination wurde incl. Röhren und Lautsprecher zu einem Preis von 312 Reichsmark angeboten und blieb somit - während der Weltwirtschaftskrise mit über 4 Millionen Arbeitslosen in Deutschland - nur wenigen vorbehalten. Entsprechend selten ist dieser Typ heute noch zu finden.
2. Befund
Das Gerät wurde als ramponiertes Schrottchassis ohne Röhren unter der Bezeichnung E11W in einer Auktion günstig erworben. Leider fehlten Gehäuse, Typschild und Bedienknöpfe. Die Typbezeichnung und Seriennummer ist auf einem Schild seitlich am Holzgehäuse aufgenagelt. Am Chassis sind weder Typ noch Seriennummer markiert.
Abb. 3 - Zustand vor der Rekonstruktion
3. Bedienhinweise
Aus der Original-Bedienungsanleitung hier die wichigsten Hinweise:
Warmlaufphase
Die Röhren benötigen etwa 60 Sekunden bis zur Betriebsbereitschaft.
Automatische Abschaltung
Damit ist gemeint, dass beim Entfernen der Rückwand die Chassisoberseite spannungslos wird. Dafür sorgt ein Gewindestift mit Mutter ganz rechts auf der Rückseite, die beim Schließen des Deckels ganz bis zum Widerstand angezogen werden muß. Beim Lösen der Rückwand sollte der Stift zurückschnellen und die Netzspannung vor dem Trafo abschalten. Auf die Wirkung dieser Mechanik ist jedoch kein Verlaß, vor allem, wenn die Rückholfeder ermüdet ist. Vor dem Abnehmen der Rückwand deshalb immer den Netzstecker ziehen. Der Originalstecker mit zweipoliger Zuleitung paßt nicht in die Schuko-Dose, sondern nur in eine Dose nach alter VDE-Norm.
Antenne
Das Gerät hat eine Lichtantenne, die jedoch immer inaktiv sein sollte (Verbindungssteg nach links legen, Zuleitung abklemmen!). In der Zeit üblich waren noch Langdraht-Hochantennen oder kleine Hochantennen (10 - 20 m) und Rahmenantennen als Zimmerantenne.
Antennenkopplung (linker Drehknopf)
Zur Anpassung an unterschiedlich lange Antennen bietet das Gerät eine achtstufige Antennenkopplung (links schwach, nach rechts stärker). In der siebten Stellung wird eine kapazitive, auf der achten Position eine galvanische Kopplung auf den Gitterkreis eingestellt. In den Stufen 1 - 5 ist die bestmögliche Anpassungen für Mittelwelle zu suchen, für Langwelle sind die Stufen 6-8 zu nutzen. Normale Hochantennen sind bestangepaßt in den Stufen 1 und 2. Hilfsantennen wie Rohre und Dachrinnen auf Stufe 7 und Wurfantennen (5 m Klingeldraht o.ä.) auf Stufe 8. Die Ankopplung von Rahmen- und magnetischen Loopantennen muss man je nach Wellenlänge ausprobieren.
Senderabstimmung
Die Einstellung von Sendern wird bei diesem Rückkopplungsaudion an drei Bedienelementen vorgenommen. In der Mitte der Bedienplatte ist die sog. "Trommelabstimmung", deren Regler bei der Sendersuche möglichst im Gleichlauf bewegt werden sollen, wobei der rechte für die Feinabstimmung nachgestimmt wird. Darunter ein Schieberegler für die Wellenumschaltung. In der Stellung links werden kurze Wellen (MW), in der rechten lange Wellen ausgewählt. Der rechte Knopf regelt die Rückkopplung (Mitkopplung). Der Rückkopplungsregler ist so zu bedienen, daß Pfeiftöne vermieden werden, denn sie sind der hörbare Teil einer Eigenschwingung, die sich über die Antenne störend bemerkbar machen kann. Da dieses Gerät einen Vorkreis hat, sollten aber Eigenschwingungen von der Antenne ferngehalten werden.
Lautsprecher
Das Gerät benötigt einen externen Lautsprecher, der an die eingesetzte Endröhre angepaßt sein muss, außerdem muss beachtet werden, daß der Empfänger keine Erregerspannung zur Verfügung stellt, diese muss für elektrodynamische Systeme separat erzeugt werden.
- Die Ausgangsbuchsen stehen unter Anodenspannung. Nur berührungssichere Anschlußstecker verwenden. Anschlüsse nicht im Betrieb abziehen, Gerät nicht ohne Lautsprecher betreiben. Hochohmige Kopfhörer direkt anzuschließen empfiehlt sich wegen der durchgehenden hohen Anodenspannung nicht.
- OWIN bietet zum Beispiel die permanentdynamische Lautsprechertype "L2P" ohne Erregung und mit Ausgangstrafo angepaßt an die Endröhre RE134 an (Version L413, Saison 1932/33). Dieser Originallautsprecher wird selten zur Verfügung stehen. Beim Anschluß eines Fremdlautsprechers ist folgendes zu beachten: Die Röhre REN 134 hat einen Innenwiderstand von 4,6K. Diefenbach gibt dazu einen Ra von 12 K an (DIEFENBACH, W., 1949, p.226). Direkt angeschlosssen werden können Freischwingersysteme mit hohem Innenwiderstand. Beispiel: Freischwinger aus Volksempfängern mit Schwingspulenwiderstand von ca. 700 R - 1,5 Kohm und einer Impedanz von ca. 4000-7000 Kohm bei 1 KHz). Passende Fremdlautsprecher sind außerdem u.a.: Telefunken RfL 3 (730 Ohm) oder Siemens 040. Für niederohmige Lautsprecher wird ein NF-Ausgangsübertrager benötigt.
- Der Lautsprecher selbst sollte etwa 3 Watt aufnehmen können und einen Permanentmagneten haben.
Umschaltung Phono/Rundfunk
Durch den beim Kauf mit erworbenen Kurzschließer sind für den Rundfunkempfang die mit Tonabnehmer bezeichneten Buchsen zu verbinden. Der Tonabnehmer sollte einen Pegelsteller haben, damit die Endröhre nicht übersteuert wird.
Feinsicherung
Die Leistungsaufnahme des Geräts beträgt ca 35 Watt und ist bei 220V mit einer Feinsicherung 200 mA abzusichern. Die Originalsicherung, eine flinke Ausführung im großen Glasrohr, war noch intakt.
4. Gehäuse
Nachbau des Gehäuses
Ein genaues Bild des Gehäuses vermitteln aktuelle Abbildungen der noch verbliebenen kompletten Originalgeräte. Zu beachten ist, dass bei der Aufarbeitung nur mit zeitgemäßen Hölzern neu furniert wird. Eine Gehäusenachbildung sollte neben den Originalmassen nach den damals verwendeten Holzarten erfolgen sowie dieselbe Konstruktion zugrunde legen. Ein rötlich-brauner Nußbaum mit schlichter Fladerung sowie als Sonderausführung auf den Lautsprechertisch abgestimmter, rotbrauner Nußbaum mit Glanzstreifen sind durch Abbildungen nachgewiesene Originalfurniere. Sowohl dünnes Schälfurnier unter 1 mm als auch dickere Qualitäten wurden verwendet. Der Maserungsverlauf ist zu beachten. Für die quer furnierte Frontumrahmung wurde eine fein gestreifte Massivleiste von ca 3-4 mm Dicke verwendet. Auch die Sockelleiste ist massiv, aber schlicht und etwa 3-4 mm dick.
Für den Rohbau wurden massive Kiefertafeln astfrei in einer Dicke von 10 mm gehobelt und für die Seiten, den Boden und die Deckplatte verwendet, mit dickeren Tafeln sind die Außen- und Innenmaße nicht erreichbar. Den oberen Abschluß bildet ein Rahmen, der wie unten in die Seiten eingenutet ist. Auf den Rahmen ist die Deckelplatte aufgedoppelt. Eine Winkellasche fixiert die Frontplatte oben am Vorderstück des Rahmens, eine weitere hinten die blecherne Rückwand. Sie hat Langlöcher zur Belüftung und unten Ausbrüche für die Buchsen. Leisten sind einfach aufgedoppelt. Die Klebung kann mit Knochenleim erfolgen, was die Reparaturfähigkeit erhöht. Bei den Innenmassen sind die Abmessungen des komplett aufgebauten Chassis zu beachten, damit dessen Einbau komplikationslos erfolgen kann. Das Chassis ist mit zwei dicken Maschinenschrauben am Bodenbrett angeschraubt. Nur eine dieser Schrauben ist gut zugänglich, die andere hinter dem Trafo nicht sichtbar und evtl. mit einer Nußverlängerung zu erreichen. Die Muttern sollten für einen ebenen Boden eingelassen werden.
Abb. 4- Die Risszeichnung enthält die ermittelten Originalmasse und den Maserungsverlauf des Furniers. Beim Modell mit Mahagonifurnier ist der Frontrahmen passend zum Lautsprechertisch aus geflammtem Mahagoni diagonal furniert. Die Flächen bestehen aus gemesserten Mahagoniflader- oder Pyramidenstücken.
5. Überarbeitung des Chassis
Zur Prüfung und Aufarbeitung des Chassis läßt sich dieses ausbauen, indem man die zwei M6-Schrauben löst (rechts schwierig, kleine Ratsche benutzen), und innen die Lasche am Frontrahmen abschraubt. Bei dem über 90 Jahre alten Gerät ist mit Materialermüdungen aller Art zu rechnen. Sollten die vorderen Einstellknöpfe fehlen, gestaltet sich die Suche nach Ersatz schwierig. Sie wurden neben den OWIN E-Modellen u.a. auch bei den folgenden Modellen von Ideal Blaupunkt ab ca 1928 verwendet: A 3 (1928/29), MA 3, NR III(1928). Da im Gerät alles verschraubt oder verlötet und damit reparaturfreundlich ist, sollte man die unerläßliche Reinigung der Chassisoberfläche erst beginnen, wenn alle Bauteile abmontiert sind. Erst dann zeigen sich Fehler, die im montierten Zustand nicht sichtbar und schlecht behebbar sind. Folgende Tips können helfen:
- Beim Reinigen der empfindlichen, polierten Pertinaxplatte dürfen keine öligen Mittel an die Bohrungen für die Verschraubungen und Röhrenkontaktstifte gelangen, da sich die Platte sonst vollsaugt und viel von ihrer Isolierfähigkeit einbüßen kann.
- Auf ein Lackieren der sichtbaren Bleche sollte verzichtet werden, da authentisches Aussehen frischem Silberglanz vorzuziehen ist. In diesem Fall waren aber die Lötstellen fast alle geplatzt und mußten nachgelötet werden, was den alten Lack weitgehend abspringen ließ. In einem solchen Fall ist sollte das Blech mit einem dünnen Überzug geschützt werden.
- Dem Weiterrosten von Trafoblechen sollte man Einhalt gebieten. Nach Abbürsten von Roststaub kann man das Blechpaket mit Leinöl einreiben.
- Von einer Neulackierung der blechernen Skalenabdeckung sollte man ebenfalls Abstand nehmen, um die Spuren der Nutzung nicht zu vernichten. Rostpusteln im braunen Lack können mit Ölschliff geglättet werden, die Fehlstellen nehmen dann einen unauffälligen Braunton an.
- Die Skalenringe aus Metall haben eine exakt gearbeitete Riffelung, aus der man den Schmutz von Jahrzehnten mit einer Bürste gut entfernen kann.
Schaltung
Der Antennenkreis mit C3/L3/L2 dient zur Abstimmung auf die Empfangsfrequenz über den Drehko C3. Die erste Stufe mit Schirmgitterröhre leistet die HF-Vorverstärkung. Der Spannungsteiler R2/R3 stellt die Schirmgitterspannung zur Verfügung, die von C4 gepuffert wird. R1 begrenzt den Anodenstrom der Vorkreisröhre. Mit der Einführung der Schirmgitterröhren um 1930 konnte dieser Vorkreis mit einer RENS1204 ausgestattet werden, die aber bereits im Folgejahr durch die heute noch gängigere RENS1264 ersetzt wurde. Die Empfindlichkeit des Radios hängt am Funktionieren dieser Röhre und von der noch verbliebenen Güte der Luftspulen ab. Mit C5 wird die HF aus der Anode ausgekoppelt und an die eigentliche Audionstufe übergeben. Der LC-Serienkreis C6/L5 koppelt einen Anteil des verstärkten HF-Signals induktiv auf den abgestimmten Audionkreis L6/L4/C7 zurück mit dem Effekt, daß sich Empfindlichkeit und Trennschärfe des Eingangssignals signifikant erhöhen. Der Rückkopplungsregler C6 (50...600 pF) sorgt für das richtige Maß an rückgekoppelter Energie und vermeidet, dass das Audion sich zur Selbsterregung aufschaukelt (Pfeiftöne und Oberschwingungen). RE134: wichtig ist die Wahl der richtigen Gittervorspannung: bei 200V Anodenspannung müssen ca -9,5...-10V gegen Masse anliegen.
Schaltplan für E11W und E15W
Ein Schaltplankopie ist in der Sammlung LANGE/NOWISCH, 1950 enthalten, eine schlecht lesbare Kopie des Originalschaltplans von OWIN steht unter Radiomuseum.org zur Verfügung. Der Schaltplan soll für E11W und E15W gemeinsam gelten, allerdings gibt es einen Widerspruch zu den Aussagen, die in der Typbeschreibung zur Röhrenbestückung gemacht werden. Es betrifft die Gleichrichterröhre im Netzteil. Im Original-Schaltbild ist eine Zweiwege-Gleichrichtung mit dazu passendem Transformator gezeichnet. Die richtige Röhre für diesen Typ wäre die Telefunken RGN504 oder u.a. eine Seibt VG230 mit einem 4-pol Sockel. In der Typbeschreibung des E11W gibt OWIN aber die Telefunken RGN354 oder eine kompatible Röhre von Loewe, Seibt oder Valvo an, durchweg Einweggleichrichter mit 3-poligem Europasockel (B3, H).
Bei allen Geräten, zu denen Fotos existieren, ist die Fassung vierpolig ausgeführt. Es gibt Chassis, die dreipolig beschaltet sind (Drahtbrücke über den Anodenkontakten, für Einwege-Gleichrichterröhren) und solche, die für Zweiwege-Gleichrichterröhren beschaltet sind, diese Schaltung ist auch im Originalschaltplan wiedergegeben. Beide Gerätevarianten tragen Typschilder "E11W". Geräte mit dem Typschild "E15W" sind bislang nicht bekannt. Daher muß es offen bleiben, ob eine solche Type überhaupt ausgeliefert wurde. In den Werbeanzeigen und Katalogen aus der Zeit wird immer nur auf die Type E11W Bezug genommen. Wir gehen aus diesen Gründen bei dem vorliegenden Chassis vom Typ E11W aus.
Abb. 5 - Die Chassisunterseite zeigt alle 4 Stifte in einer Zweiwegegleichrichtung beschaltet, analog zum Schaltbild.
Somit müssen wir das vorliegende Chassis mit RGN504 oder gleichwertigem Typ bestücken (vgl. Angaben zu Röhrenvergleichstypen in Abb. 5).
Abb. 6 - Schaltplan E11W und E15W mit eigenen Ergänzungen und Bestückungsliste nach OWIN, Hannover 1930
Weitere Unterschiede: Das Chassis ist ohne den Kondensator C17 (1 uF) ausgeliefert, es fehlen auch die Bohrungen für die Schraubbefestigung dieses Kondensatorblocks.
Abb. 7 Chassisunterseite nach Instandsetzung - Um das authentische Aussehen zu bewahren, wurden Blockkondensatorgehäuse neu befüllt und die originale Textilummantelung der Netzanschlüsse wiederverwendet.
Röhren
Der Originalröhrensatz ist bis auf die Gleichrichterröhre auf dem Empfängerchassis aufgedruckt (RENS1204, REN1004, REN1004). Diese Röhren sind heute mit brauchbarer Restfunktion kaum mehr erhältlich und wenn, ist ihr mechanischer Zustand meist schlecht: lockere Sockel, schlecht passende und korrodierte Stifte, wackelnde Anschlüsse, fehlende oder schlecht reparierte Metallisierung, etc. Nur die Röhren aus den späten zwanziger Jahren passen exakt mit ihren dünneren Stiftkontakten (2 mm) in die Buchsen. Spätere Ausführungen haben dickere Stifte (3 mm) und lassen sich nicht ganz einstecken. In diesem Fall kann man die Verschraubung der Fassungsbuchsen etwas lockern und nach Einstecken der Röhre anziehen. Mit einer Reibahle lassen sich die Buchsen etwas weiten. Vor allem die Schirmgitterröhre muß passen, andernfalls läßt sich der Anodendraht nicht anschrauben und das Chassis niht ins Gehäuse schieben.
Bei den heute noch beschaffbaren Röhren fehlt häufig die Metallisierung oder war bei manchen frühen Ausführungen auch nie vorhanden. Es ist zu prüfen, ob die Abschirmung überhaupt bei dieser Schaltung notwendig ist. Ggf. kann sie mit EMV-Sprühlack aufgetragen werden, wobei der Kontakt zum Drahtkontakt am Sockelrand sichergestellt werden muß. Früher wurde bei den nicht metallisierten Röhren einfach ein passendes Blechrohr übergestülpt.
Das Ein- und Ausstecken der Röhren muss am Sockel erfolgen. Sehr locker im Sockel sitzende Röhren können nachgekittet werden, siehe Anleitung. Röhren, die Aussetzer im Betrieb haben, müssen an den Sockelstiften evtl. nur nachgelötet werden (vgl. ausführliche Beschreibung JACOBS, Ferdinand: Röhren sparen - aber wie? in: Funkschau H. 5/6 Mai/Juni 1944, München).
Anschlußbelegung und Spannungen können zu allen Röhren aus den noch verfügbaren Sockelbeschaltungen und Datenblättern entnommen werden. Die historischen Röhren können geschont werden durch den Einbau eines umgesockelten, modernen Ersatztyps (vgl. Umsockeln
Im Schaltplan ist eine Liste von Ersatztypen aufgeführt, die z.T. noch in einsatzfähigem Zustand beschafft werden können. Die Pentode REN1204 und die Triode REN1004 wurden schon früh durch Vergleichs- und Nachfolgetypen ersetzt (REN904, A4110) und sind heute noch beschaffbar. Zur Gleichrichterröhre vgl. Angaben unter Schaltplan.
Die Originalröhren sind im TELEFUNKEN Röhrenbuch 1903-1928, Berlin, 1928 (Druckschrift 2015) bzw. TELEFUNKEN Röhren von A - Z 1930-1931, Berlin, 1931 (Druckschrift 2015)1928 - mit ihren technischen Daten und Kennlinien beschrieben. Nach diesen Angaben sollten die Heizspannung, die Anodenspannung und die negative Gittervorspannung nachgemessen werden (unter Last messen: Röhren eingesteckt, kein Nutzsignal). Der Anodenruhestrom sollte insbesondere bei der Endröhre und bei eingestecktem Lautsprecher nachgeprüft werden.
Eine Unterheizung sollte vermieden werden. Das aufgearbeitete Chassis-Exemplar liegt mit 3,8 VAC bei eingestellten 180 - 230V am unteren Ende der Toleranz. Abweichungen der Gittervorspannung können an den Widerständen im Spannungsteiler liegen, laufen einzelne Widerstände aus der Toleranz, müssen sie ersetzt werden. Zu niedrige Anodenspannung: Gleichrichterröhre auf Verschleiß prüfen.
Spulensatz
Die beiden großen Luftspulen hingen lose im Chassis. Der dünne Kupferdraht ist an den Wicklungsenden sehr brüchig und gegen Abknicken nicht geschützt. An beiden Spulenkörpern waren fast alle Drahtenden abgerissen. Zur Reparatur der Spulenenden die Luftspule ausbauen, damit saubere Kontaktstellen angefertigt werden können.
Abb. 8 - Die Kontaktstellen abgebrochener Enden können nach Abb. 8 leicht zugeordnet werden.
Die Anzapfungen der Spule L2 sind mit einer feinen Spitze lötbar. Spulenenden zum Löten ausfädeln, um die Lackierung entfernen zu können. Vor dem Einbau sind die Spulen sorgfältig zu prüfen. Am Antennenkreis ist ein Stufenschalter angeschlossen. Diesen ebenfalls abkontaktieren, sorfältig entstauben und Kontakte reinigen. Vorsicht: die Kontaktfeder bricht gern und ist nicht reparabel.
Abb. 9 Spulenaufbau und -kontaktierung
Kondensatoren
7 Einzelkondensatoren in gepackter Flachbauweise (Glimmerscheiben?) mit kombinierten Schraub- und Lötanschlüssen, ohne Wert- und Herstelleraufdruck, Kennzeichnung durch Farbpunkt. Es handelt sich u.U. um langzeitstabile Ausführungen, deren Kapazität nachgemessen werden sollte. Kritisch sind die an Anodenspannung liegenden Koppelkondensatoren C5, C8, C11. Ein Versagen dieser Kondensatoren verstellt den Arbeitspunkt der Folgeröhre und kann dafür sorgen, das die betroffenen Röhren den verbliebene Rest an Vitalität schnell einbüßen.
Abb. 10 Abbildung der verwendeten Komponenten aus einem zeitgenössischen Werbematerial um 1930. Der Aufdruck "OWIN Hochohmwiderstand" fehlt bei den eingebauten Widerständen. Die Teile wurden für den Selbstbau offenbar auch separat angeboten.
Drei aufgequollene Kondensatorblöcke im Blechpaket warten auf den Austausch:
- Blechkasten (8x6x5cm) mit Aufprägung "FRAKO" mit 5 originalen, bipolaren Kondensatoren 1 MF in Paraffin vergossen.
- Blechkasten (8x6x5cm) mit Aufprägung "FRAKO" enthält noch die originalen 1 MF-Kondensatoren in Parallelschaltung zu 2 und 4 MF, 630V. Der Kasten ist ebenfalls aufgebläht und Paraffin ausgetreten.
- Ein kleinerer Block mit Aufprägung "HYDRA" und Produktionsstempel 5/[19]30 mit 2 Original-Kondensatoren (2x 0,1 MF, 1000V~), die Papier-/Alufolienwickel sind im Aufbau identisch mit denen im FRAKO-Gehaeuse.
HYDRA: Hydrawerk AG Berlin seit 1899, seit 1925 im AEG Konzern. Diese Kondensatoren C18/19) sind als Entstörkondensatoren an die Gleichrichteranoden geschaltet und im Original-Schaltplan von Owin nicht aufgeführt. In diesen Block gehören unbedingt neue spannungsfeste Kondensatoren oder man lötet die Verbindungen ab.
Abb. 11 - Kondensatorwickel aus Frako-Kondensatorblöcken 1 und 2.
FRAKO: 1928 in Frankfurt gegründet als Frankfurter Kondensatoren Fabrik, heute Frako Kondensatoren- und Anlagenbau GmbH, Teningen. Die Abbildung zeigt den inneren Aufbau des FRAKO-Kondensatorblocks aus 5 Rollkondensatoren mit Papierisolierschicht und gemeinsamer Masse aus dem Jahr 1929/30, kurz nach der Gründung. Die Blechpakete sind durch Verlöten hermetisch verschlossen, die Kontakte durch Schaltdraht nach außen geführt und nicht mit dem Gehäuse verbunden. Eine Isolierplatte aus schwarzem Kunststoff mit Lötpunkten schließt das Paket ab. Alle Seiten sind innen durch dünne Hartpapierplatten gegen das Gehäuse isoliert. Dicke Pappscheiben trennen die Wickel voneinander.
Das Gerät enthält ferner 2 identische Drehkondensatoren mit angeschraubten Trommelskalen. Den Staub kann man nur im ausgebauten Zustand entfernen. Dabei die Lamellen nicht verstellen und am Ende Isolierung prüfen. Die Drehkos sollten auch mechanisch in Ordnung gebracht werden (ggf. Nachziehen von Verschraubungen und Lager neu fetten). Der Rotor sollte sich spiel- und ruckfrei drehen. Am Ende stellt man bei zugedrehtem Rotor die 100-Markierung auf den Zeiger an der Frontplatte und zieht die Mutter (nicht zu fest) an. Die Rutschkupplung, auf der die Scheibe sitzt, sollte nachgeben, wenn ein Anwender fest am Anschlag weiterdreht.
Im Gerät ist ferner ein sog. Quetscher für die Rückkopplung in einer besseren Qualität im Metallgehäuse eingebaut. Gleichwohl war wie so häufig die bronzene Spiralfeder des Mittenkontakts gebrochen und schlecht verlötet, so daß die Feder innen wieder in der Luft hing. Es ist wichtig, das Federmetall am Ende etwa 5 mm komplett blank zu schleifen (Dremel Schleifscheibe), bevor man lötet. Dazu muss auch dieser Drehko ausgebaut werden.
Widerstände
wechselbare Ausführung mit Nickelkontakten in Halterungen, mit textilschlauchisoliertem Körper ähnlich "COSIPA"-, Dralowid Polywatt- oder Hoges Hochohm-Widerständen, mit Wertangaben in MOhm. Alle Widerstände sind intakt, vereinzelt jedoch ausserhalb Toleranz. Die Kontakte und Halter sollten gereingt werden, da Übergangswiderstände durch Oxydation zu erwarten sind, die Ursache für Fehlfunktionen sein können. Außerdem sollten die Anoden- und Gittervorspannungen überprüft werden. Leider stehen keine werksseitigen Spannungsangaben zur Verfügung. Die Unterlagen der Röhrenhersteller können als Orientierungshilfe herangezogen werden.
6. Inbetriebnahme
***In Bearbeitung***
Abb. 12 Frontansicht des rekonstruierten Gehäuses noch mit provisorischen Bedienknöpfen.
Abb. 13 Rückseite des rekonstruierten Gehäuses mit dem bestückten Chassis.
Bevor man an das Einschalten geht, ist der Aufbau zu kontrollieren und durchzumessen. Eine neue Netzzuleitung ist erforderlich, da die Isolierungen der alten hart und brüchig geworden sind und bei Bewegungen brechen. Der originale Netzstecker passt meistens an ein Trenntrafo; ggf. muss eine alte Steckdose ohne Schutzkontakt zwischengeschaltet werden.
Man beginnt nun damit, Trafo, Lade- und Siebkondensatoren und Drossel in Betrieb zu nehmen, mißt die Leerlaufspannungen von Anoden- und Heizwicklungen und steckt dann die Gleichrichterröhre ein. Die Gleichspannungen an den Stiftkontakten der Röhren kann man nun nachkontrollieren. An den Steuergittern muß eine negative Vorspannung gemessen werden können. Die Schirmgitterspannung muß bei der RENS 1204 knapp unter 60 Volt liegen.
Die alten Röhren langsam an die Wiederaufnahme des Betriebs gewöhnen. Erst die korrekte Heizspannung von 4 Volt anlegen, später die Anodenspannung. Außerdem kann man mit Regeltrafo oder notfalls Vorschaltlampe beginnen, das gesamte Radio in Betrieb zu nehmen. Beim Einschalten leuchtet die Lampe erst etwas heller und geht dann in ein konstantes Glimmen über.
Im nächsten Schritt kann man die Schirmgitterröhre einstecken und prüfen, ob der Antennenkreis arbeitet. Hierzu kann man das Signal eines Meßsenders an den Antenneneingang geben (auf etwa 10 - 50 µV abschwächen) und die Wirkung des Stufenschalters und die Verstärkung mit Oszilloskop prüfen.
Im nächsten Schritt kann man die restlichen HF-Verstärkerröhren einstecken und das AM-modulierte Signal des Meßsenders weiterverfolgen und am Ende die Demodulation überprüfen. An der Anode der letzten Röhre sollte die NF abgegriffen werden. Die Endröhre kann dabei provisorisch an einen Lastwiderstand angeschlossen werden.
Links
OWIN Radio Beschreibung und Gebrauchsanweisung für den Vierrohr-Schirmgitter-Netzempfänger Type E11 W, Hannover, 1930
Speckmaier, Robert: Chassisunterseite E11W (ex radiostube.de)
Andere OWIN Projekte:
E11W (1930)
E44W (1932/33)
E39W (1932/33)
L62W (1932/33)