SABA Kristall W
- Wartung -
Schaltungsprinzip ............ | 4-Röhren-Super |
Hersteller........................... | SABA Villingen (Schwer und Söhne GmbH) |
Herstelljahr ....................... | ab November 1949 |
Seriennummer ................. | 87095 (nicht vor März 1950) |
Anzahl Kreise .................... | 7 Kreise AM |
Wellenbereiche ............... | 750 - 2000 m (LW), 200 - 600 m (MW), 13,5 - 34 (KW), UKW-Vorbereitung |
Ausstattung ...................... | Eingangs-Sperrkreis, 3fach ZF-Bandfilter mit Bandbreitereglung, 3-fach-Schwundausgleich, Sprache-Musik-Schalter, Tonblende, Schwungradantrieb, Abstimmröhre |
Spannungsversorgung .. | Wechselstrom 110 bis 240 Volt |
Leistungsaufnahme ........ | ca 49 Watt |
Abmessungen (BxHxT) ... | 53 x 387 x 37 cm, ca. 13 kg |
damaliger Preis incl. Röhren | 425,-DM (Holzgehäuse) |
Röhren ............................. | ECH11, EBF11, ECL11, EM11, AZ11 |
ähnliche Typen ............... | SABA S-357W (1939), Triberg W 51, Juwel |
Rundfunkjahr 1949/50
Die Saba-Werke in Villingen nahmen bereits 1946 die Arbeit wieder auf und lieferten zunächst an die französische Armee zwei Geräte in Vorkriegstechnik aus: 382 WK und 461 GWK. Direkt nach Währungsreform 1948 und der ersten Absatzkrise des Radiomarkts im Früjahr 1949 knüpft SABA mit dem Kristall W an die großformatigen Vorkriegssuper an, verwendet neben dem Chassisblech, dem Netzteil, dem Lautsprecher, den Röhren und dem Drehkondensatorantrieb identische Vorkriegsteile, unter dem Chassis findet sich an gewohnter Stelle auch das legendäre Dreibandfilter wieder. Das Fenster für die Wellenbereichsanzeige ist dreisprachig beschriftet, neben "Wellenbereichsanzeige" auch "gammes d'ondes" und "wave range". Der Kopenhagener Wellenplan streckt die Mittelwelle über 1500 m. Die gedrängte Anordnung der Empfangsstellen auf der Skala lässt erahnen, dass die Mittelwelle in der Nachkriegszeit einem Wellensalat glich, zu dem die Zonen selbst nicht viel beitragen durften.
Abb. 1 SABA Kristall W Anzeige in Funk-Technik Heft 4 1950
Der Kristall ist also eine späte Neuerscheinung im Funkjahr 1949 und löste bei SABA die Vorgänger Club P4 und H 5ab. SABA geht in diesem Produktionsjahr mit dem Gehäuseentwurf des Kristall (und der Modelle Juwel und Triberg W 51) einer Mode nach, wie sie auch bei einigen anderen Herstellern anzutreffen ist: die Bedienknöpfe sind von der klar gegliederten Frontansicht auf die Seitenflächen verbannt. Ob das ergonomische Vorteile bringt, sei dahingestellt, linkshänderfreundlich war es jedenfalls nicht. In den Folgejahren kam diese Designidee so schnell aus der Mode, wie sie gekommen war. Stilbildend für die Fünfziger Jahre wurde dagegen der Umzug aller Bedienknöpfe in das Skalenfeld und Klavier- und Drucktasten als Ersatz für den Wellenschalter und das Bandfilter.
Der Kristall ist als AM Super konzipiert und enthält mit Blick auf die zu erwartende Verbreitung des UKW einige Features, die als "UKW-Vorbereitung" zum Verkaufsargument dienen sollten. Ganz oben in der Skala gibt es tatsächlich ein UKW-Band. Die Wellenumschaltung zeigt eine Einstellung T.A./UKW und auf der Rückseite findet sich der Hinweis T.A./UKW an der Phonobuchse. Man hatte in der Entwicklung dieses Geräts den externen Anschluß eines UKW-Vorsatzgerätes angedacht und zeitgleich kam ein solcher Vorsatz unter der Typbezeichnung SABA UKW Z auf den Markt. Es handelte sich um einen autarken Pendler mit eigener Stromversorgung und separater Abstimmung, der an den Phonoanschluß anzuschließen war. In dieser Konfiguration war die UKW-Frontskala überflüssig. In der Funk-Technik von 1950 wurde diese Rucksack-Lösung abgebildet:
Abb. 2 SABA Kristall W mit UKW Z
Als Nutzer mußte man rechts oben noch tiefer greifen, um den UKW-Abstimmknopf zu ertasten ...
Dem Einbau eines der später erschienenen Vorsatz-Super UKW-S im Inneren des Geräts stand der mittig angebrachte Lautsprecher im Wege. Es brauchte mechanische Kunstfertigkeiten, das Vorsatzgerät in dem knappen Leerraum als Quereinbau oder schräg über dem Lautsprecher liegend als Längseinbau unterzubringen. SABA schlug u.a. für dieses Gerät die Neuanfertigung der Schallwand vor, im Meersburg und Freiburg von 1950 war bereits eine Ausfräsung in der Schallwand für den Quereinbau über dem AM-Drehko angebracht worden. Erst über die Ankopplung des Variometertriebs an die Drehkowelle war die Abstimmung über die UKW-Skala nutzbar.
Ab 1951 findet eine abrupte Abkehr von der Vorkriegstechnik statt, die plump wirkenden und schweren Geräte sind nicht mehr verkäuflich, wenn die "neue Welle" nicht mit einem bereits integrierten FM-Tuner empfangen werden konnte. Auch preislich war die Kombi AM-Super plus FM-Vorsatzgerät nicht mehr konkurrenzfähig - ein Grund mehr, warum dieses Gerät nicht wie geschnitten Brot wegging, auch wenn die SABA Werbung dies behauptete.
Abb. 3 SABA Kristall W Frontansicht
Erste Durchsicht - Befund
Der Kristall ist ein Geschenk und hat einige Vorbesitzer gehabt, die neben dem Originalschaltplan auch die Reparaturrechnungen beigelegt haben. Nach dem Entfernen der Rückwand zeigt sich das Innenleben komplett mit allen Röhren. Alle Bedienungselemente sind beweglich. Die Chassisoberseite ist kaum verstaubt aber nicht ohne Rost. Die HF-Röhren von Telefunken scheinen noch Original zu sein, alle anderen wurden ersetzt. Zuletzt wurde noch 2021 eine neue EM11 von RFT eingesetzt, eine Reparaturquittung aus 2015 über 130 € für "Komplettüberholung+Röhre ECL11 und Potentiometer mit Schalter" stammt von einem Radio-Fachgeschäft unweit von Heidelberg.
Unter dem Chassis sind neben den aufgeführten Teilen weitere Komponenten ersetzt worden. Die Sicherungen und die Skalenbeleuchtung wurde erneuert.
Das originale Lautstärke-Potentiometer von RUWID wurde durch ein dreipoliges inkompatibel ersetzt.
Die Schaltebenen des Wellenschalters wurden leider mit einem falschen Reinigungsmittel getränkt, dass mühsam entfernt werden muß. Die Schaltfedern sind leicht grünspanig.
In Summe bewegen sich diese belegten Reparaturen im Bereich des Kaufpreises. Dennoch zeigt sich am Gerät ein Reparaturstau. Zwischen der letzten fachgerechten Reparatur und dem vorliegenden Befund hat sich das Gerät anscheinend in eine Dauerbaustelle verwandelt.
- Über einer Seite des GK-Trafos wurde ein 1K-Widerstand eingefügt. Ob dieser Trafo noch einwandfrei funktioniert ist fraglich, denn eine der Spulenkörper ist rissig.
- Anodenvorwiderstände von 30 K wurden nicht wertgerecht ersetzt oder waren kurz vor dem Durchbrennen.
- Der taube 10uF Elko am T.A. Eingang wurde durch einen bipolaren 6,8 uF überbrückt
- ein Ende des 50K-Widerstands hing lose in der Luft
- der 1M-Widerstand an der EM11 hatte keinen Durchgang mehr
- Alle kritischen Papier-Kondensatoren sind noch vorhanden. Deren Aussehen und Aufdruck entspricht im Wesentlichen dem der Vorkriegszeit, es sind aber frisch im Jahr 1950 wohl auf alten Maschinen hergestellte Saba-Teile
- Beim Schalten schreit der Wellenschalter nach Öl
- Das wohl gerissene originale Skalendrahtseil wurde durch einen stärkeren Zwirn ersetzt.
- Der Friktionsantrieb ist unvollständig und durch eine Gummiwalze an der Antriebswelle vervollständigt, wohl weil das fehlende Originalteil nicht leicht erhältlich ist. Diese Notlösung hat aber nicht ausreichend Reibung zu bieten. Die Antriebswelle ist bearbeitet. An der großen Friktionsscheibe aus Pertinax ist eine der Laufbegrenzungen herausgerissen
- Die Gummilager unter dem Chassis wurden durch zu hohe Teile ersetzt, wodurch die UKW-Skala nicht mehr sichtbar ist
- Den Netzkabelersatz bildet ein Gummikabel mit großem Querschnitt
- Der Gehäuselack wurde bereits (unschön) aufgearbeitet, Rückwand und alle Originalknöpfe sind vorhanden. Die mehrfarbige Skalenscheibe ist in einem fast neuwertigen Zustand, die Bespannung wurde erneuert aber nur mäßig gut aufgezogen. Die originalen Gehäusefüße haben einen neuen, farblich unpassenden Filzbelag bekommen
Abb. 4 Saba Kristall W Blick ins Innere vor der Aufbereitung
Bedienhinweise
Linke Seite: Lautstärke mit kombiniertem Ein-/Aus-Schalter (Ziehen=Einschalten),
Rechte Seite: Abstimmung, Wellenschalter, kombinierter Bandbreitenregler (Linksanschlag: Schmal) mit Tonblende und Bass-Schalter (Ziehen=Bass).
Abb. 5 Saba Kristall W - rechte Chassisseite mit Bedienelementen
Sinn und Zweck der Bandbreiteregelung wird von SABA in einer Bedienungsanleitung detailliert beschrieben:
Abb. 6 Bandbreiteregler bedienen
Senderabstimmung
Die Abstimmung ist mechanisch aufwendig als Schwungradantrieb mit Untersetzung von Reibrad auf Winkelhebel umgesetzt und identisch mit der Vorkriegsausführung. Die Endstellungen lassen sich am Winkelhebel einstellen. Sie findet sich auch an den anderen Typen dieser Gerätegeneration wieder. Es gibt Skalenscheiben ohne und mit einer UKW-Skalenzeile, in dem Fall ganz oben (Teile-Nr. 810-601). Der Kopenhagener Wellenplan ist berücksichtigt, die Mittelwellen-Obergrenze liegt bei 1602 kHz. Das Gerät hat ein magisches Auge als Abstimmhilfe.
Chassis
Wer die späten kleineren Vorkriegsmodelle von SABA, etwa den 357W , den 455WK oder das Spitzenmodell 580W von innen kennt, erlebt bei diesem Chassis ein déjà-vu. Das dicke Chassisblech, Netzteil und Drehko des Kristall sind mit denen dieser älteren Vorkriegs-Typenreihe identisch. Der Kristall hat mit dem Vorkriegs-Mittelklassesuper S-357 WK den Röhrensatz gemeinsam. Auch das Leutholdsche Dreibandfilter mit gekoppelter Klangregelmechanik wird wieder eingesetzt und das Gerät verfügt noch über den Saba-typischen Netzanschluß, der das Gerät beim Abnehmen der Rückwand vom Netz trennt.
Abb. 7 Chassisunterseite vor der Aufarbeitung. Die Verschaltung wurde in mehreren Ebenen durchgeführt, manche Teile sind nicht einfach auszubauen. Die Bandfilter müssen nicht mehr aufwendig ausgebaut werden, da sie nun stabile Kondensatoren enthalten.
Schaltung
Die Schaltung mit Schlußdatum 20.10.1949 basiert auf einem reduzierten Satz Stahlröhren (E-Röhren 6,3V), wie er um 1938 erschienen ist. Abb. 8 Schaltplan SABA Kristall W
Antennenvorkreis und Oszillatorkreis werden simultan über Zweifach-Drehkondensator abgestimmt. Der Oszillator ist auf den neuen Mittelwellen-Empfangsbereich 520 ... 1602 kHz angepaßt. Als Trimmer werden Lufttrimmer nach Bauart von Philips verwendet, die langzeitstabil sind. Das ZF-Eingangsfilter ist in seiner Charakteristik (Breit-/Schmalband) manuell kontinuierlich einstellbar. Die Mischröhre erzielt eine Eingangsempfindlichkeit von 20 uV. Der einstufige ZF-Verstärker enthält die Dioden für die Gleichrichtung der AM-Hüllkurve.
Während bis zum Übergabepunkt an den NF-Verstärker alles nach einer Standardschaltung für einen Mittelsuper aussieht, wartet der mit einer Verbundröhre zweistufig nach Telefunken-Anwendungsempfehlung aufgebaute NF-Verstärker mit einer Besonderheit auf: Eine Transformator-Kopplung zwischen Vor- und Endstufe mit Gegenkopplung über ein von der Anode der Endtetrode abgeleitetes Signal in Phasenumkehr an der anderen Trafo-Wicklung. Saba versprach sich von dieser Art der Gegenkopplung Vorteile hinsichtlich des Frequenzverlaufs. Allerdings müssen für einen stabilen Betrieb Nachteile kompensiert werden. Die Eigenresonanz des Trafos sowie undefinierte Verschiebungen der Phasenlage des rückgekoppelten Signals können die Gegenkopplung instabil machen und zu einer Schwingneigung im unteren Audiobereich führen. Kurzwellige Schwingungen werden durch UKW-Schutzwiderstand (R24 1k) gedämpft, vor dem Trafo dämpft ein Filter Eigenresonanzen.
Ein zweiter Rückkopplungszweig führt eine Signalbehandlung durch (Bassanhebung). Am Signalweg der Triodenanode filtert eine einstellbare R-C-Kombination Frequenzanteile aus dem Gemisch, bevor es an die Endverstärkung geht. Die gemeinsame Kathode liegt direkt an Masse, die Steuergitter liegen an halbautomatisch erzeugten Vorspannungen.
Wellenschalter
Die Kontakte sind gut einsehbar auf drei Kontaktscheiben verteilt und auch die Reinigung bereitet keine Probleme. Starkes Krachen beim Umschalten deutet auf unsaubere Kontakte hin. Die Stellung T.A. muß von UKW-Vorsatzgeräten mitgenutzt werden, wodurch ein zusätzlicher Doppelumschalter notwendig wird. Die Empfindlichkeit für Tonabnehmerpegel liegt bei ca. 30 mV.
Drehkondensator
Gummigelagerter Zweifach-Drehkondensator mit Friktionsantrieb und Untersetzungsgetriebe von 270 auf 180° Drehwinkel. Auf Plattenschluß und Fremdkörper prüfen und Keramikisolatoren sowie Kontaktfedern säubern (keine Öle). Auf der Oberseite befinden sich zwei Drahtstummel, die bei der Messung der Oszillatorfrequenz als Anschluß genutzt werden können. Das Drehko-Gehäuse besitzt Bohrungen für die Montage eines UKW-Vorsatzes.
Die Reibräder am Antrieb fehlten und wurden durch eine Behelfsreparatur ersetzt, die aber nicht über die gesamte Laufstrecke funktioniert
Abb. 9 mißlungener workaround für fehlenden Friktionshebel
Diese Bastelei wurde rückgängig gemacht und gegen eine originale Antriebswelle, einen Friktionshebel und eine unbeschädigte Friktionsscheibe ausgetauscht.
UKW-Vorbereitung
Für den Kristall ist ein externes Pendler-Vorsatzgerät UKW-Z entwickelt worden. Er eignet sich nur bedingt für den Einbau der später erschienenen UKW-Super-Vorsatz-Varianten UKW-S, S III und S V. Schwierigkeiten bereitet der mechanische Einbau, weil der große Lautsprecher im Wege steht. Saba empfiehlt sogar, eine neue Schallwand anzufertigen. Auf der Wellenschalterposition T.A./UKW stehend, kann das Gerät mit diesem Vorsatz UKW empfangen, wenn ein zusätzlicher "Schleppschalter" mit Umschalterbaugruppe an der Wellenschalterachse angebracht wird, der u.a. den T.A.-Eingang umgeht und die Anodenspannung schaltet. Der Antrieb des Variometers erfolgt über den Anschluß an das Drehkondensatorgetriebe. Alle Varianten lieferten ein nach FM-Demodulation verfügbares NF-Signal, das auch am magischen Auge angezeigt werden konnte. Diese drei Versionen der UKW-Box hat Hans M. Knoll detailliert beschrieben. Bis Mitte der Fünfziger Jahre scheint also noch Bedarf für die Erweiterung der hochwertigeren älteren Empfängertypen bestanden zu haben. Mit dem Auftauchen der ersten Empfänger mit integriertem UKW wurden auch hochwertige Neugeräte mit Vorkriegstechnik (neben Kristall vor allem der Rekord) zum Ladenhüter.
Spulen-Baugruppen
Die Spulensätze für Antennenkreis, Oszillator und ZF sind eine Nachkriegs-Neuentwicklung.
Abb. 10 Neukonstruktion Oszillator Spulensatz
Festgehalten wurde an den empfindlichen Hohlkernen. Diese sind in temperaturempfindlichen Spulenkörpern eingewachst. Den Austausch der Kreiskondensatoren vorzunehmen, ist eine der wesentlichen und zeitraubenden Instandsetzungsmaßnahmen bei den SABA-Geräten aus der Vorkriegszeit. Beim Kristall und den nachfolgenden Typen mit diesen neuen Spulensätzen ist dies nicht mehr nötig, da engtolerierte keramische Rohrkondensatoren eingebaut wurden. Bei diesem Gerät stimmten auch noch die eingestellten Frequenzen, so daß an den Kernen nicht gedreht werden mußte.
Das Dreifach-Bandfilter an der Chassis-Unterseite ist eine Spezialität der späten SABA-Vorkriegsgeräte. Dieses Filter hat, bedingt durch seine drei Kreise, eine Durchlasskurve mit einem ausgeprägten Höcker, der die Einsattelung des auf die ZF-Röhre EBF11 folgenden, überkritisch gekoppelten Diodenfilters in idealer Weise kompensiert und überdies eine eindeutige Abstimmung mit dem Magischen Auge ergibt (was bei diesem Gerät nicht vorgesehen ist). Die kontinuierliche Bandbreitenveränderung wird durch die mechanische Achsenverstellung des mittleren Filterkreises erreicht. Diese Entwicklung wurde zuerst im 455WK und dem 580 WK von 1939 eingesetzt. Die Originalkondensatoren müssen nicht getauscht werden. Saba gab diese Lösung bereits um 1951 auf und ersetzte sie durch die sog. MHG-Schaltung, diese Nachfolgeentwicklung stammte ebenfalls von E. Leuthold.
Gegenkopplungsübertrager
Der Bauweise nach ein Übertrager mit 2 Wicklungskörpern auf einem rechteckigen Mantelkern aus Trafoblech. Das Bauteil ist bekannt für Ausfälle, besonders bei rostigen und aufgeblähten Blechpaketen. Oft sind mangelnde Isolation und Wicklungsunterbrechungen Ausfallursachen. Die Isolationsgüte zwischen den beiden Wicklungen mit Glimmlampentest prüfen. Unter den SABA-Geräten sind die Trafos nicht kompatibel, auf die verschiedenen Bestellnummern achten! In diesem Gerät ist der Trafotyp 656/XV eingebaut. Die ohmschen Wicklungswiderstände wurden abgeklemmt gemessen und lagen bei etwa 1,3 und 1,6 kOhm. Die Wicklungen sind jeweils über Kreuz auf beiden Seiten des Blechpakets angeordnet.
Abb. 11 Gegenkopplungstrafo 648/XV
Röhren
Diese Superhet-Bestückung mit Röhren aus der Vorkriegsentwicklung ist bereits 1939 beim SABA S-357 WH verwendet worden. Die eingebauten Stahlröhren stammen aus der 1950er Produktion des Röhrenwerks Berlin (Codierung B.ky.02, "895" und "122"), sind also noch original, die ausgetauschte EM11 ist von RFT ("VEB E 46-49 "224") und die neue Endröhre von Opta (PO 9584 N). Bei dieser Röhre zeigt der Glaskolben Auffälligkeiten, die auf andere Fertigungsmethoden als bei Telefunken hinweisen (Schmelztropfen oben). Der Gleichrichter von Telefunken ist ebenfalls noch original (RöW Ulm, S 749). Alle Glasröhren wackelten im Sockel und wurden mit Schellack fixiert.
Lautsprecher
DW42 (Type 648/L mit 1,6 kOhm Feldspule, Anp. 7 kOhm, Prüfdatum 28.4.1950). Die Sicken sind noch intakt. Die Endröhre ECL11 verlangt einen relativ großen Ausgangstrafo (648/XVII).
Achtung: Die spezielle Lautsprecherdose ist ein Hochvoltanschluß für Aussenlautsprecher mit Übertrager in zwei Stellungen: 1: Nur aussen, 2: Apparat und Aussenlautsprecher. Keinesfalls niederohmige Lautsprecher direkt einstecken!
Austauschliste
Nr. | Bestnum. | Bezeichnung Komponente | Wert / Einheit | Ersatz | |
---|---|---|---|---|---|
C2 | 1421-12 | Papier-Kondensator | 5000 pF | 5 nF 650 V- | |
C3 | 1421-12 | Papier-Kondensator | 5000 pF | 5 nF 650 V- | |
C5 | 14010-133 | Papier-Kondensator 5% | 2500 pF | 2,5 nF 650 V- | |
C8 | Rohr-Kondensator, keram. | 500 pF | 1000V- | ||
C12 | 1401-8 | Papier-Kondensator Bj. 50 | 10.000 pF 250V- | 10.000 pF 650V- | |
C9 | 1402-73 | Papier-Kondensator Bj. 50 | 0,1 uF | 0,1 uF 650 V- | |
C10 | 1402-73 | Papier-Kondensator Bj. 50 | 0,1 uF | 0,1 uF 650 V- | |
C11 | 1402- | Papier-Kondensator Bj. 50 | 0,1 uF | 0,1 uF 650 V- | |
C15 | 1402- | Papier-Kondensator Bj. 50 | 0,025 uF | 25 nF 650 V- | |
C16 | 1402-44 | Papier-Kondensator | 5000 pF 500V- geschirmt | 5 nF 650 V- geschirmt | |
C17 | 1404-41 | Papier-Kondensator Bj. 50 | 1000 pF 250V- | 1000 pF 650V- | |
C19 | 1402-6 | Papier-Kondensator Bj. 50 | 5000 nF | 5 nF 650 V- | |
C20 | 1480-2 | Elko SKJ Bj. 12/50 | 10uF/16 V | 10 uF/65 V- | |
C21 | 1402- | Papier-Kondensator Bj. 50 | 0,1 uF | 0,1 uF 650 V- | |
C22 | 1402- | Papier-Kondensator Bj. 50 | 0,025 uF | 25 nF 650 V- | |
C23 | 1401-8 | Papier-Kondensator Bj. 50 | 10.000 pF 250V- | 10.000 pF 650V- | |
C24 | 1402-73 | Papier-Kondensator Bj. 50 | 0,1 uF | 0,1 uF 650 V- | |
C25 | 1402-73 | Papier-Kondensator Bj. 50 | 0,1 uF | 0,1 uF 650 V- | |
C26 | 1402- | Papier-Kondensator Bj. 50 | 0,025 uF | 25 nF 650 V- | |
C27 | 1402-6 | Papier-Kondensator Bj. 50 | 5000 nF | 5 nF 650 V- | |
C28 | 1402-73 | Papier-Kondensator Bj. 50 | 0,1 uF | 0,1 uF 650 V- | |
C29 | 1404-7 | Papier-Kondensator | 5000 pF 500 V~ | 4700 pF/275V~ /Y2 Spec. | |
C30 | 1404-7 | Papier-Kondensator | 5000 pF 500 V~ | 4700 pF/275V~ /Y2 Spec. | |
C31 | 1421-12 | Papier-Kondensator | 5000 pF | 5000 pF/1000V- | |
C32 | 1421-12 | Papier-Kondensator | 5000 pF | 5000 pF/1000V- | |
R6 | Widerstand | 30 K (100 K) | Ersatz falsch dimensioniert, ersetzt d. 30 K 2W | ||
R11a | Widerstand | 30 K | verbrannt, ersetzt d. 30 K 2W | ||
R21 | Widerstand 1/4 W | 50 K | abgeklemmt v. RV2 | ||
R24 | Widerstand | 750 R 1/4 W | ergänzt | ||
R31 | Widerstand 1/4 W | 1 M (800 K) | 1 MOhm | ||
RV2 | 840-248 | RUWID Potentiometer 4-pol., mit Netzschalter 2-pol. | 0,3 + 1 M | RUWID Potentiometer 3-pol., 1,5 M, mit Netzschalter 2-pol. | |
M1 | 828 U 6 | Friktionshebel | ergänzt d. orig. Austauschteil | ||
M2 | 939 U 1 | Antriebswelle Abstimmgetriebe | Austausch d. orig. Austauschteil | ||
M3 | 556/X | Friktionsscheibe, komplett | Austausch d. orig. Austauschteil | ||
L1, 2 | 580/111 | Skalenbeleuchtung | Soffitte 7 V, 0,3 A | Neuteile |
( ) Wert der eingebauten Komponente weicht ab vom Wert im Schaltplan
Abb. 12 Chassisunterseite nach der Aufarbeitung
6. Inbetriebnahme
1. Trafo in Betrieb nehmen
Die üblichen Kontaktprobleme zwischen Stecker und Netzschalter sollten schon vor der Inbetriebnahme beseitigt und ggf. die Netzzuleitung ersetzt worden sein. Mit einem Ohmmeter ist schnell festgestellt, ob der Netzschalter arbeitet und die Primärwicklung durchgängig ist. Mit einem Multavi o.ä. die Primärsicherung ersetzen und die Stromaufnahme nach dem Einschalten beobachten. Mit einer am Stelltrafo eingestellten Klein-Wechselspannung kann man dann am noch unbestückten Sockel der Gleichrichterröhre bereits feststellen, ob Anodenwechselspannung und Heizspannungen erzeugt werden oder eine zu hohe Stromaufnahme durch Windungsschlüsse vorliegt. Das Gerät nun mit Gleichrichter an die Betriebsspannung gewöhnen durch langsames Vortasten auf 220V. Schließlich sollten an den beiden Gleichrichteranodenkontakten ca. 340 V~ anliegen. Die Elkos der Siebkette prüfen und gegen neue austauschen, wenn sie sich nicht mehr formieren lassen. Die richtige Schmelzsicherung für die Primärwicklung (0,7 A) nun wieder einsetzen. Bei intakter Feldspule wird eine Anodenspannung deutlich über 250 V erzeugt, die sich nach Einsetzen der HF-Röhren auf etwa 250 V absenkt. Durch den Spannungsabfall über dem Ausgangstrafo senkt sich die Spannung auf 230 V direkt an der Anode der ECL11.
2. NF-Stufe in Betrieb nehmen
Für den nächsten Schritt sind Gleichrichter- und Endröhre, der Verbindungsstecker zum Lautsprecher ebenfalls eingesteckt, der Wellenschalter steht auf T.A. Damit läßt sich bereits die Gleichspannungserzeugung und die NF-Stufe testen.
Die NF-Stufe reagiert bereits bei ca 160 V~ vom Trenntrafo auf den Brummtest, so dass sich eine Verstärkung nachweisen läßt. Allerdings fehlen deutlich die Bässe. Geht man langsam auf die Soll-Netzspannung und dreht den Lautstärkeregler leicht auf, beginnt die Endstufe mit einem Heulton unter 1 kHz zu schwingen. Aufdrehen von Lautstärke und Tonblende und Einschalten des Sprache/Musik-Schalters erhöhen die Frequenz bzw. Stärke des Rückkopplungsheultons. An dieser Stelle ist der Test abzubrechen, um die Endröhre zu schonen.
Die Fehlersuche beginnt in der Endstufe und als ersten Schritt sind alle getauschten Teile auf korrekte Werte und richtige Kontaktierung zu untersuchen. Der Originalschaltplan stellt den NF-Teil reichlich verflochten dar. In der Umzeichnung sind Signalpfad und die Rückkopplungswege schneller zu erfassen.
Abb. 13 Kristall W NF Schaltschema mit Signal-/Gegenkopplungspfaden, gemessenen Spannungen
Die gefundenen Spannungen ergaben sich nach Austausch eines defekten keramischen Rückkopplungskondensators C8, der zum Ausfall des Oszillators führte und den Anodenvorwiderstand R6 bis zum Verkohlen überlastete. Das Heulen konnte durch einen shunt über die Sekundärwicklung des GK-Trafos abgestellt werden. Dessen Optimalwert konnte über einen Trimmer ermittelt werden, die Schwingungen brachen bei einem Widerstand von 750 Ohm ab.
3. Hochfrequenzstufen in Betrieb nehmen
Für den nächsten Schritt ist der komplette Röhrensatz einzustecken, an den Antenneneingang ein Prüfsummer, der über alle Wellenbereiche durchstimmbar ist. Mit dem Wellenschalter und dem Abstimmknopf das Gerät abstimmen und prüfen, ob die Prüfspannung über den Lautsprecher hörbar ist. Nach den Austausch von C8 konnten im KW-Bereich an einem 2m-Draht zahlreiche Sendestellen gefunden werden, die das magische Auge voll aussteuerten. Die Bandbreitenregelung ist effektiv und führt zu deutlichen Empfangsverbesserungen.
Für eine genauere Prüfung kann ein Meßsendersignal an die Antenne angeschlossen werden. Den Pegel so abregeln, dass er gerade noch hörbar ist und das Frequenzband durchfahren. Die Frequenz einer bekannten Sendestelle einstellen und auf der Skala abstimmen. Bei diesen Prüfungen zeigt sich, dass kein Nachgleichbedarf besteht. Alle frequenzbestimmenden Komponenten sind funktionstüchtig. Der Kurzwellenempfang zeigte sich überraschend leistungsfähig. Mit einem Röhrenmodulator auf der sonst leer gewordenen Langwelle mit einem AM-Signal versorgt, zeigte sich auch ein tadelloser Langwellenempfang.
Abb. 14 Kristall-Chassis in Betrieb
4. Abgleich
Abb. 15 Abgleichanleitung (Rückseite Schaltplan)
Bei diesem Gerät konnte auf Nachgleicharbeiten völlig verzichtet werden.
7. Gehäuseaufarbeitung
Das unverwüstliche Gehäuse aus der Möbelfabrik Behr, Wendlingen, ist aus mehrlagigem, beidseitig furniertem Sperrholz und Massivhölzern für den Frontaufbau gefertigt. Das dunkle Nußbaumfurnier war einst hochglänzend lackiert, wurde aber später abgebeizt und laienhaft mit einem transparenten Einkomponenten-Möbellack nachlackiert. Gerade weil dieser Lack stark glänzt, zeigt er schonungslos jeden Verarbeitungsmangel, so daß eine Aufbesserung notwendig erschien.
Abb. 16 Gehäuseseite vor Aufbereitung des Lackes
Die störende Orangenhaut, Nasen, Staub und bepinselte Zierleisten fordern eine Überarbeitung.
Eine weitere Abbeizung, Nachschliff und erneute Beizung würde sicherlich an einigen Stellen zum Durchschliff des Furniers führen. Da das Sperrholz kaum wellig geworden und der Lack sehr transparent ist und dick aufgetragen wurde, sollte er als Grundlage für eine Nachpolitur dienen können. Dazu ist erst ein Planschliff vorzunehmen.
Vorher das Gehäuse von allem befreien, was störend ist: Schallwand, Zierleisten, scharfkantige Beschläge, etc. Diese Sorte Lack wird sehr hart und läßt sich gut und fein mit Öl schleifen.
Abb. 17 Gehäuseoberseite nach Öl-Feinschliff
Die verbliebenen, feinen Unebenheiten müssen in einem ersten Durchgang mit Schellack und Bimsmehl gefüllt werden. Nach der Füllung ist nun eine vollkommen glatte Fläche entstanden, die auf Glanz poliert werden kann.
Die Zierleisten werden beim Einsetzen nur spärlich mit Knochenleim verklebt, so daß sie bei Bedarf wieder leicht demontiert werden können.
Innen waren die Gummipuffer ausgetauscht und durch zu hohe ersetzt worden, wodurch die UKW-Skala nicht mehr sichtbar ist. Die Puffer wurden passend abgeschliffen. Die Gehäusefüße waren mit auffällig weißen Filzauflagen versehen worden. Die scheibenförmigen beigebraunen Filzfüßchen wurden wieder ergänzt.
Abb. 18 aufgearbeitetes Gehäusedetail des SABA Kristall W
Links
Saba Radio Werke Villingen SABA Kristall in: SABA-RADIO Bewährt und begehrt, Faltblatt, Ausgabe September 1949
SABA Radio Kundendienst-Schrift 10 für die Geräte ab Baujahr 1945, Villingen Ausgabe 1950
SABA Radio Werke Villingen Bedienungsanleitung, Villingen
Kurzportrait SABA Kristall In: Funkschau 1949
Neuheiten im Funkjahr 1949/50 Programm der SABA-Radiowerke In: Funk Technik Nr. 20, S. 598, 1950
Saba Radio Werke Villingen SABA UKW-S Einbauanleitung 1950
KNOLL, Hans M.: Der Signalweg beim FM-Empfang in den Superhets der Röhren-Ära der Firma SABA. Radiomuseum.org (2014)
KÖLSCH, H. U. Das Radio brüllte bakeliten". In: Kultur und Technik H.1, München 1990 Deutsches Museum (Hrsg.), S. 2-11
MENDE, H. G. Kleines Praktikum der Gegenkopplung". Franzis, München 1962, 4. Aufl. Radio Praktiker Bücherei Nr. 48, S. 2-11
Neuheiten im Funkjahr 1949/50 In: Funk-Technik. Programm der SABA-Werke Heft20, Oktober 1949, S. 598-390
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